„SEO-Content“ – ein Relikt aus vergangener Zeit

Auf Onlineshops finden sich oft SEO-Texte, die nur für Google & Co. bestimmt sind. Guter Content hingegen bedient die Intentionen unserer NutzerInnen.
Von Thomas Gruhle
21.05.2019
Veröffentlicht am 21.05.2019
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7 Minuten

Das erfährst du in diesem Beitrag:

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Was läuft in vielen Onlineshops in puncto Content falsch?

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Warum rankt „SEO-Content“ vergleichsweise suboptimal?

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Wodurch berücksichtigt guter Content die Nutzerintention?

Wenn ich im Rahmen meiner Arbeit tagtäglich durch das Internet surfe, stoße ich immer wieder auf eine Diskrepanz, die mir zu schaffen macht: das Qualitätsgefälle zwischen Produkten und dem sie flankierenden Content.

So haben große Unternehmen Produkt-Abteilungen mit Hunderten Angestellten. Deren Aufgabe ist es, neue Produkte zu ersinnen oder bestehende weiterzuentwickeln. Es wird enorm viel Energie und Geld in die Forschung und Produktentwicklung gesteckt, und ganze „Bataillone“ versuchen, die USPs bzw. Alleinstellungsmerkmale herauszustellen – also die Eigenschaften des Produkts, die es für ihre potenzielle Käuferschaft einzigartig machen.

Am Ende eines solchen Prozesses gibt es ein großartiges Produkt, das unter anderem über den Vertriebskanal „Website“ unter die Leute gebracht werden soll.

Im krassen Kontrast zu Aufwand und Ressourcen aus dem Produkt-Management steht aber dann leider oftmals, was dem Nutzer bzw. der Nutzerin auf einer Website vorgesetzt wird. Und das vor allem im Bereich „Content“.

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Screenshot ABOUT YOU

Wie wahrscheinlich ist es, dass jemand bei ABOUT YOU kauft, nachdem er diesen Text gelesen hat?

Content is king – „SEO-Content“ is not

Content is king“ heißt es seit Jahren. Ich bin überzeugt davon, dass dem so ist. In der Praxis scheint ein Großteil der umsatzstärksten deutschen Onlineshops dieses Prinzip jedoch vollkommen zu ignorieren.

Stattdessen wird Content allzu oft auf einschlägigen Texter-Plattformen für fünf Cent pro Wort eingekauft (wenn überhaupt!), die von Menschen geschrieben werden, die keine Ahnung von den Produkten haben. Hauptsache billig. Dabei kommt dann sowas raus wie oben bei ABOUT YOU.

Hinzu kommt, dass es sich dabei in nicht wenigen Fällen um unprofessionelle TexterInnen ohne entsprechende Ausbildung und hinreichende Berufserfahrung handelt.

Glaubt irgendjemand im Ernst, dass sich ein Nutzer oder eine Nutzerin nach der Lektüre eines solchen Textes zum Kauf entscheiden wird? Nein, das glaubt niemand – noch nicht einmal in den Unternehmen selbst. Und exakt hier besteht das Problem.

Texte nur für die „Blechbüchse Google“?

Leider hat sich im Laufe der Jahre der Begriff „SEO-Content“ durchgesetzt. Der Name impliziert, dass hier Content nur aus SEO-Gesichtspunkten erstellt wird. Es wird also nur für die Blechbüchse (bzw. Suchmaschinen) geschrieben und nicht für den Menschen.

Zweifelsohne spielen Gesichtspunkte wie die Termfrequenz, die Verwendung von Keywords in Überschriften und im Title-Tag eine große Rolle. Wer es aber dabei belässt und den Content am liebsten am Ende der Webseite in grauer Schrift der Größe 8px auf weißem Hintergrund versteckt, begeht einen großen Fehler.

Er vernachlässigt, dass guter Content wesentlich mehr kann.

Mythos: SEO-Content ist das Nonplusultra für die SEO-Performance einer Website.

Der Begriff „SEO-Content“ impliziert, dass mit der oben beschriebenen Vorgehensweise „alles für tolle SEO-Resultate“ getan wird. Dem ist nicht so. Die Verwendung von bestimmten Termen (Primär- und Sekundärkeywords), das Ausrichten des Textes anhand der W-Fragen und die Verwendung dieser Begriffe in wichtigen Inhaltsbereichen (Headlines, Title, Fließtext etc.) ist natürlich wichtig.

Allerdings ist es mit Semantik allein nicht getan.

Schauen wir uns also mal an, wie ein Ranking entsteht. Das Nachfolgende aber bitte nur als abstraktes Beispiel sehen – im realen Leben verläuft eine Ranking-Kurve mit Sicherheit nicht so. Ich möchte damit nur das Prinzip verdeutlichen.

Eine neue URL wird von Google erfasst und gecrawlt. Das ist und bleibt die Voraussetzung dafür, dass überhaupt etwas ranken kann. Google strengt sich jetzt an und versucht zunächst einmal zu erfassen, worum es auf dieser Seite geht. Dafür wird ausgewertet, welche Keywords mit welcher Häufigkeit an welchen Stellen des Dokuments vorkommen, um zu verstehen, worum es hier geht. Wenn Google das gut erfassen kann, hast du im Bereich der Semantik viel richtig gemacht.

Google rankt das Dokument jetzt anhand vieler Parameter: Wie vertrauenswürdig ist die gesamte Domain? Ladegeschwindigkeit? Steckt da eine Brand dahinter? Externe Backlinks zur Domain oder zu der spezifischen URL? Und so weiter und so fort.

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Die erste Stufe der Ranking-Faktoren

Wenn es gut läuft, landest du mit deiner neuen URL in den TOP 10, und Google beginnt, dir Traffic zu senden. Hier passiert etwas Entscheidendes: Google wird sich genau anschauen, wie NutzerInnen mit deiner Seite interagieren bzw. ob sie mit deiner URL als Suchergebnis zufrieden sind. Dafür schaut sich Google viele verschiedene KPIs an. Die wichtigsten sind mit hoher Wahrscheinlichkeit: Goal Completion Time, Verweildauer und Absprungrate.

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Hier kommen die Nutzersignale ins Spiel

Es gibt für diese Kennziffern nicht den idealen Wert. Vielmehr weiß Google, was der Benchmark für diese Werte auf Platz 5 für dieses oder jenes Keyword ist. Aus der Historie, kumuliert in Milliarden von Datensätzen. Genau an dieser Stelle zeigt sich die Schwäche von sogenanntem SEO-Content. Dieser Content genügt semantischen Ansprüchen. Ab dem Punkt, wo ein Nutzer bzw. eine Nutzerin daraus Nutzen ziehen soll, wird es aber haarig. Denn streng genommen soll niemand diese Texte lesen – und nur wenige werden es auch tatsächlich tun. Die Gründe liegen in Positionierung, Formatierung und nicht zuletzt im Inhalt.

Was passiert also? NutzerInnen, die auf Informationen angewiesen sind, werden diese nicht finden. Sie werden abspringen, das Ranking wird fallen.

Die Nutzerintention in den Vordergrund stellen

Das möchte ich an einem Beispiel aus dem Online-Shopping-Bereich verdeutlichen. Ein Onlineshop ist in der Regel so aufgebaut:

Startseite: Hier landen z. B. diejenigen Nutzer und Nutzerinnen, die über eine Branding-Kampagne kommen oder die Brand schon kennen. Insofern sie nicht die Suchfunktion nutzen, navigieren sie in der Regel weiter. Es existieren zwei wesentliche User Journeys:

Kategorieseiten: Hier sehen NutzerInnen verschiedene Produkte, können nach Eigenschaften filtern etc. Dann klicken sie in ein Produkt.

Produktseiten: Hier gibt es das Produkt mit Details, erklärenden Texten, Kundenbewertungen etc. Das Produkt wird im besten Fall in den Warenkorb gelegt.

Die Kategorieseiten von Onlineshops sind gleichzeitig „Träger“ der wichtigsten Keywords. Wer beispielsweise ein Snowboard kaufen möchte und dann generisch auf Google nach Snowboards sucht, möchte am liebsten eine Kategorieseite angezeigt bekommen. Er sucht nicht nach einem bestimmten Snowboard, sondern interessiert sich für die gesamte Warengruppe.

Dazu gibt es noch eine Reihe anderer Begriffe. Searchmetrics findet 13.457 aktuell unterschiedliche. Das Haupt-Keyword hat ein Suchvolumen von ~ 36.000, alle weiteren ergeben locker nochmal 100-200 k. Rechnen wir einfach mal mit 250.000 monatlichen Suchanfragen. Natürlich ist „Snowboard“ ein sehr saisonales Thema, und die Suchanfragen gehen hoch, wenn es kalt wird. Das spielt hier jetzt aber keine Rolle.

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Screenshot Searchmetrics

So steht es um das Suchvolumen

Die wichtige Frage ist nun: Was will ein Nutzer bzw. eine Nutzerin, der oder die ein Keyword wie „Snowboards“ eingibt? Möchte er bzw. sie eins kaufen, sich informieren, sich ein Snowboard leihen? Möchte er bzw. sie das Snowboard für sich kaufen oder für Kinder? Und so weiter.

Onlineshops sind gut beraten, ihren Content so aufzubauen, dass er in der Lage ist, verschiedene Nutzerintentionen „abzugreifen“. Wenn ein Nutzer oder einer Nutzerin etwas kaufen möchte und schon weiß, was er oder sie möchte, dann wird er bzw. sie die Suchmaske oder die Filterung verwenden, um das gewünschte Produkt ausfindig zu machen. Oder er bzw. sie wird einfach nach unten scrollen.

Was aber, wenn der bzw. die UserIn nicht weiß, was er bzw. sie möchte, weil noch Informationen fehlen? Genau hier kommt Content ins Spiel und genau an dieser Stelle zeigt sich, warum „SEO-Content“ fehl am Platz ist.

Als Menschen gehen wir in stationäre Filialen, um uns beraten zu lassen. Wir suchen die Nähe zu Experten und Expertinnen, weil sie uns die Entscheidungsfindung erleichtern. Sie sagen uns, welche Produkte für unsere Belange die richtigen sind. Gleichzeitig vermitteln uns ExpertInnen und BeraterInnen in Geschäften, dass wir den Kaufempfehlungen vertrauen können.

Exakt diese Funktionen muss Content in Onlineshops erfüllen. Rein über semantische Anforderungen hinaus soll Content beraten, informieren und den Käufer bzw. die Käuferin motivieren, eine richtige Entscheidung zu treffen.

TransaktionalInformationell
Produkt ist bekannt (z. B. „Palmer Brown Snowboard 162 cm Herren“)Unwissen darüber, welches Produkt „das Richtige“ ist – viele Fragen sind offen
Produkt ist zumindest eingegrenzt („Ich suche ein ‚All Mountain Snowboard‘, das für die Piste geeignet ist und einen ‚Twin‘-Shape hat“)Piste oder Halfpipe? Wie lang muss das Snowboard im Verhältnis zur Körpergröße sein? Welche Rolle spielt die Form des Snowboards? Was muss ich beachten, wenn ich passende Schuhe dazu kaufen möchte? Was gibt es bei der Bindung zu beachten?
Preis wird verglichen
–> Suchmaske, Filterung, Sortierung–> Der oder die Nutzende möchte diese Informationen schnell ausfindig machen, um Produkte in die engere Auswahl nehmen zu können

So bleiben informationell suchende NutzerInnen auf der Website.

Nehmen wir einmal folgendes Beispiel: Zwei Ergebnisse ranken aktuell auf den vorderen Positionen für „Snowboard kaufen“: Planet Sports und Sport Conrad. Was denkst du, welche von beiden Seiten bei informationell suchenden Nutzern und Nutzerinnen eine geringere Absprungrate generieren wird?

Bei Planet Sports sehen wir, dass über den Produkten (wenn auch kaum sichtbar und von vielen wahrscheinlich nicht wahrgenommen) versucht wird, die NutzerInnen abzufangen, die im Kauf-Funnel noch am Anfang stehen. Klicken diese Besucher und Besucherinnen auf den Link „Snowboard-Ratgeber“, dann springen sie zum Ende des Dokuments und zu einem beratenden Text.

Wenn wir vom obigen Beispiel mit etwa 250.000 Suchanfragen pro Monat im Bereich „Snowboard“ ausgehen und unterstellen, dass mindestens ein Drittel aller NutzerInnen noch nicht genau weiß, was sie kaufen möchten, dann sehen wir hier die Auswirkung von gutem Content: Planet Sports dürfte die informationell Suchenden deutlich länger auf der Website binden, damit bessere Nutzersignale an Google senden und langfristig ein besseres Ranking erzielen.

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Bei Sport Conrad sehen wir keine Option. Ein Nutzer bzw. eine Nutzerin wird hier eine Weile rumscrollen und mit etwas Glück den passenden Artikel finden. Wahrscheinlicher ist, dass er bzw. sie abspringt und eine Seite sucht, die ihm oder ihr dabei hilft, eine Kaufentscheidung zu treffen.

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Fazit

Auch in Onlineshops kann guter Content wesentlich mehr als „nur SEO“: Er berät, informiert und hilft KäuferInnen, die für sie richtigen Entscheidungen zu treffen. Kurzum, er stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Dies schafft er, indem er die Suchintention der Nutzer und Nutzerinnen berücksichtigt, ihre spezifischen Informationsbedürfnisse befriedigt und ihnen somit einen konkreten Nutzen bietet.

Wie du über die richtige Ansprache des oder der Nutzenden und eine gezielte Verwendung von psychologischen Heuristiken in deinen Texten dafür sorgst, dass noch mehr BesucherInnen kaufen, erfährst du in einem meiner kommenden Beiträge.

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Thomas Gruhle
CEO von LEAP/
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