Jederzeit eine angemessen hohe Content-Qualität sicherzustellen – das ist für Corporate-Media-Teams heute nicht mehr Kür, sondern Pflicht. Und damit eine ständige und immer größere Herausforderung. Grund dafür ist nicht zuletzt der Content-Schock, also das kontinuierlich zunehmende Überangebot an Inhalten im Web und woanders.
Wer im Wettbewerb um die Köpfe und Herzen der Zielgruppen die Nase vorn haben möchte, muss daher auf (möglichst) exzellenten Content setzen. Sonst wird ihm „da draußen“ nur wenig Aufmerksamkeit zuteil. Außerdem konvertieren suboptimale Inhalte eher nicht so prächtig und zahlen lausig auf die Kommunikations-, Marketing- und Unternehmensziele ein. Schlimmstenfalls sind sie sogar schädlich für den bzw. die AnbieterIn und färben unschön auf die öffentliche Wahrnehmung seiner Unternehmenskultur, Produkte und Dienstleistungen ab.
Im Falle von Corporate Blogs/Magazines hilft dann selbst die beste Distributionsstrategie inklusive Paid Media und anderem Zipp und Zapp kaum weiter. Denn Penetranz ist kein Ersatz für Exzellenz – in Zeiten zusehends emanzipierter und höchst kritischer Zielgruppen schon gar nicht. So sind im Zuge des digitalen Wandels Customer Centricity und User Experience auch im modernen Marketing längst unabdingbar. Klar, weil Content-Konsumenten und -Konsumentinnen auf ihre Kosten kommen wollen und „Mehrwert“ verlangen.
Was aber nach wie vor unterschätzt wird: Die professionelle Qualitätssicherung ist ein entscheidender Hebel und genau dann umso wichtiger, wenn sich Redaktionsteams nicht ausschließlich aus ausgebufften Content-Spezialisten zusammensetzen. Wie zum Beispiel in großen Teilen des Mittelstands.
Ich zeige dir jetzt allerdings nicht, wie man total geile Texte schreibt. Dazu ist schon mehr als genug Erhellendes und Hirnerweichendes gesagt worden. Stattdessen zeige ich dir, wie du die Content-Qualitätssicherung als integraler Bestandteil des redaktionellen Workflows verstehen solltest. Und grob umreißen, wie diese Teamaufgabe (!) im Tagesgeschäft aussehen könnte.
Content-Qualitätssicherung erfordert gleich ein ganzes Team
Letzte Vorbemerkung, bevor ich überleitend auf die Themen „Content-Strategie“ und „Content-Qualität“ komme: Zwar dreht es sich hier primär um Texte für Corporate Media wie Blogs, Magazines, Newsletter, Whitepapers etc. – aber meine Ausführungen und Tipps lassen sich grundsätzlich auch auf andere Formate, Kanäle und Plattformen übertragen.
Über Content-Strategie und Content-Qualität
Auch im inhaltsgetriebenen Marketing gilt: Die Produkt- bzw. Content-Qualität kann umso besser optimiert werden, wenn die neuralgischen Punkte der eigenen Prozesse bekannt sind. Dazu musst du aber erst einmal einen geregelten und zielgerichteten Redaktionsprozess haben, wie ihn die hochgeschätzte Kollegin Doris Eichmeier auf Zielbar beschrieben hat. Basis dafür ist eine dezidierte Content-Strategie als organisatorisches Framework für die Planung, Produktion und Distribution der Inhalte. Diese bringt deine einzelnen Workflows auf die Schiene und kümmert sich um die Ressourcen.
Die Hauptaufgabe der Content-Strategie besteht darin, den Erfolg des Contents im Wettbewerb zu gewährleisten und messbar zu machen. Ohne sie agieren Anbieter weitgehend plan- und wirkungslos unter dem Radar – und verbrennen am Ende nur Geld.
Wenn du dich tiefer ins Thema einlesen möchtest, schau dir unbedingt Jan Tißlers hilfreichen „Leitfaden für eine zukunftssichere Content-Strategie“ im UPLOAD-Magazin an. Und natürlich die kürzlich erschienene Neuauflage des Standardwerks „Think Content!“ von Miriam Löffler und Irene Michl, von der wir zurzeit drei Exemplare verlosen.
Was nun die neuralgischen Punkte anbelangt: In heterogenen Content-Teams sind zumeist die ungelernten, noch unerfahrenen Autoren aus den Abteilungen das schwächste Glied in der Kette. Sie gilt es an die Hand zu nehmen, indem eine übergreifende Qualitätssicherung im redaktionellen Workflow etabliert wird. Davon profitieren aber auch die Profis – und mithin das gesamte Vorhaben inklusive der NutzerInnen. Denn wenn es um die Sicherstellung der Content-Qualität geht, zahlt sich das „Vier-Augen-Prinzip“ hier wie dort aus. Kein/e Content-MacherIn ist vor Betriebsblindheit, Zeitmangel oder schlechter Tagesform gefeit.
Jedenfalls sollte die Qualitätssicherung deutlich über die Schlussredaktion via Korrektorat und Lektorat hinausgehen und schon bei der Themenfindung und Inhaltsplanung einsetzen. Das ist viel effizienter, weil dann später erfahrungsgemäß weniger nachgebessert werden muss. Wozu auch Autoren-Guidelines, Themenpools und Redaktionspläne ihren Teil beitragen. Für ambitionierte InhaltsanbieterInnen mit größeren Teams könnte zudem Mirko Langes umfassendes Redaktionstool Scompler wegweisend sein.
Eine Möglichkeit: Das Tool “Scompler”
Bei all dem gehe ich von einem ganzheitlichen Qualitätsbegriff aus. Heißt: Der „Wert“ von Content bemisst sich aus meiner Sicht an Kriterien wie Nutzen, Relevanz, Recherchegüte, Aktualität, Timing, Nachhaltigkeit, Orthografie, Stil, Kohärenz, Stringenz, Überzeugungskraft, Quellentreue, Wahrhaftigkeit, Design, SEO, Conversion etc. Puh … Wobei nicht immer alle Punkte gleichermaßen abgearbeitet werden können oder müssen. Aber dein „Wille zur Qualität“ sollte schon gegeben sein und ist eine Frage der richtigen Haltung. Was wiederum eine Teamaufgabe ist, und so und nicht anders in der Corporate Identity verankert sein sollte.
Und noch ein Tipp: Mit der kostenlosen Content-Ampel der Kommunikationsstrategin Dr. Kerstin Hoffmann kannst du deinen Content auf seine substanzielle Qualität hin überprüfen. Also ob er die strategischen Anforderungen erfüllt oder nicht. Das hilft dir in der Praxis.
Die drei Phasen der Content-Qualitätssicherung
Über das ganze Thema könnte man ein Buch schreiben – wohingegen ein Beitrag wie dieser allenfalls an der Oberfläche kratzt. Aber solange er dir einen Impuls in die richtige Richtung gibt, bin ich zufrieden. Zumal Qualitätscontent eine Herzensangelegenheit für mich ist, sich für Unternehmen über kurz oder lang auszahlt und ich es mit AnbieterInnen und NutzerInnen gut meine. Und nur wer unter einem ziemlich großen Stein lebt, hat nicht mitbekommen, dass all dies im heutigen Marketing schon seit Jahren Konsens ist. Wenngleich die Qualitätssicherung mancherorts noch immer stiefmütterlich behandelt wird …
Um es also ganz klar zu sagen: Es ist ein Job für entsprechend geschulte und erfahrene Textprofis mit Rundumblick. Und nicht etwa für Grafiker, Praktikanten, Reinigungsfachkräfte, Germanisten im ersten Semester oder Schwiegereltern mit Lesezirkelausweis. Oder auf welche bizarren Ideen Agenturen und Unternehmen noch so kommen. Es sei denn, diese Leute verfügen über Marketing-Superkräfte und sehr viel Zeit. Dann sollte man sie mit Gold aufwiegen.
Qualitätssicherung sollte erfahrenen und geschulten Expert*innen überlassen werden
Man möge mir verzeihen, wenn ich nicht auf eng mit dem Qualitätsthema verknüpfte Maßnahmen wie Content Audit, Content Recycling und Content Pruning eingehe. Das kann man alles googeln, falls mein Impuls Wirkung zeigt. Was ich selbstverständlich hoffe.
Doch zoomen wir uns jetzt näher ans Wesentliche heran: die Qualitätssicherung im Redaktionsprozess. Sie holt noch einmal ein paar entscheidende Prozente aus dem Content heraus und verläuft in drei Phasen – vorher, mittendrin und nachher.
Phase 1: Themenplanung und inhaltliche Feinjustierung
Um nicht bei Adam und Eva anfangen zu müssen, setze ich einfach mal voraus, dass du schon einmal von der Notwendigkeit der Themen-, Inhalts- und Redaktionsplanung gehört hast.
Wichtig ist, dass die aus der Content-Strategie abgeleiteten Inhalte frühzeitig im Redaktionskalender eingeplant, per Teamwork feingeschliffen und auf eine bestmögliche Qualität hin ausgerichtet werden. Genau dazu sind Redaktionskonferenzen und Brainstormings da. Denn ein gutes Thema macht noch lange keinen für die Zielgruppe relevanten Inhalt aus. Deshalb musst du das Ganze zunächst sorgfältig durchdenken: Welchen konkreten Nutzen soll dein Contentstück dem Nutzer bzw. der Nutzerin bieten? Wie sollte es aufgebaut sein? Welche Beispiele unterstützen deine Botschaft am besten? Und was ist mit der Tonality?
Um nur einige der zu klärenden Fragen anzuführen.
Aber Vorsicht: Je größer und durchmischter ein Team ist, desto weniger eignen sich Redaktionssitzungen für die Qualitätssicherung! Denn erstens verderben (zu) viele Köche den Brei, und zweitens mag niemand, aber auch wirklich niemand ausufernde Meetings. Manchmal sind Einzelgespräche zielführender, weswegen dieser Schritt nicht selten alleine beim Chefredakteur oder Content-Manager bzw. bei der Chefredakteurin oder Content-Managerin liegt. Vor allem unerfahrene und noch etwas unsichere redaktionelle Mitarbeitende liefern auf dem Wege einer individuellen Abstimmung mit nur einem Ansprechpartner bzw. einer Ansprechpartnerin besseren Content. Und vom Autor vorgelegte Gliederungen und Exposés verkürzen den Weg.
Sitzungen im kleinen Kreis sind meist effektiver
Unstrittig ist: Eine gute Vor- und Feinplanung als erster Schritt der Qualitätssicherung bewahrt Redaktionsteams bis zu einem gewissen Grad vor Engpässen, Fehlschüssen und sonstigen Katastrophen. Und falls nicht, zeigt sich im Moment der Krise zumindest, wie gut ein Team funktioniert und ob der Spirit stimmt.
Phase 2: Content-Erstellung mit Option auf SparringspartnerIn
Zwar arbeiten Autoren und Autorinnen in dieser Phase meist völlig alleine. Doch manche Tasks erweisen sich im Verlauf des Schreibprozesses als dermaßen widerspenstig, dass man unbedingt einen Sparringspartner braucht, um alles neu überdenken zu können und frische Impulse zu bekommen. Das kommt häufiger vor, als man meint. Auch bei Profis.
Wenn ein Redaktionsmitglied also gar nicht mehr vorankommt, sollte es schleunigst das Gespräch mit jemandem suchen, der idealerweise vom Fach ist, ein offenes Ohr hat und weiterhelfen kann. Das muss nicht zwingend der bzw. die verantwortliche RedakteurIn sein – auch der Austausch mit anderen RedaktionskollegInnen oder FreundInnen aus der Branche kann helfen, neue Ideen zu generieren und Blockaden zu lösen. Hauptsache, man unternimmt etwas und wertet den Moment der Schwäche nicht als eigene Inkompetenz.
Eben dies ist in Redaktionsteams immer wieder aufs Neue zu vermitteln. Das ist auch eine nicht zu unterschätzende Führungsaufgabe. Denn am Ende des Tages wird damit wertvolle Zeit gewonnen. Wird hingegen Zeit verschwendet, geht dies nicht selten zu Lasten der Content-Qualität. Regelmäßige Reportings über den Stand der Dinge sind daher eine Option und bieten Chancen zur Intervention.
Außerdem mag es vorkommen, dass sich die angedachte Ausrichtung eines Beitrags plötzlich als Irrweg erweist. Dann muss das Ganze neu konzipiert werden. Dies aber in Absprache mit dem verantwortlichen Redakteur bzw. der verantwortlichen Redakteurin, damit gewährleistet ist, dass dennoch das ursprüngliche Kommunikationsziel erreicht wird. Und man ahnt es schon: Auch dies gehört zur redaktionellen Qualitätssicherung.
Das Ziel sollte man nie aus den Augen verlieren
Phase 3: Schlussredaktion nach (fast) allen Regeln der Kunst
Wenn der Autor oder die Autorin den letzten Punkt gesetzt und seinen fertigen Text mit Tomaten auf den Augen gegengelesen (was nur allzu menschlich ist) und verschickt oder ins Redaktionssystem eingepflegt hat, beginnt die entscheidende und wohl arbeitsintensivste Phase der Content-Qualitätssicherung: Korrektorat und Lektorat. Nun wird der Beitrag auf Herz und Nieren geprüft – formal wie inhaltlich und vorzugsweise von einem entsprechend qualifizierten mehrköpfigen Teil des Teams.
Aufgabe der Schlussredaktion ist es, Rechtschreibfehler, Vertipper und grammatische Ausreißer auszumerzen sowie Stilblüten, Unstimmigkeiten und krumme sprachliche Bilder zu korrigieren. Und noch vieles mehr. Dabei lauten die wichtigsten inhaltlichen Fragen: Liefert der Content eine nachvollziehbare Argumentation und ist er in sich geschlossen? Oder zerfasert er unterwegs und muss eingekürzt werden? Hat er logische Lücken und muss inhaltlich ergänzt werden? Versteht womöglich nur der bzw. die AutorIn selbst, um was es da geht? Ist die Überschrift tragfähig und sitzen die Zwischenüberschriften? Und vor allem: Bietet der Beitrag der Zielgruppe einen greifbaren Nutzen und zahlt andersrum auch auf unsere eigenen Ziele ein?
Hierzu hat der Berliner Redaktionsprofi Robert Nagel vor geraumer Zeit eine ausführliche, höchst lesbare und äußerst unterhaltsame Handreichung verfasst: „Qualitätssicherung im Content-Marketing? Ja, bitte!“ Gut so! Dann muss ich das nicht machen.
Aber wie dem auch sei: Die letzte Phase der Qualitätssicherung erfordert aufmerksames Lesen sowie konsequentes Hineinversetzen in die Gedankengänge des Verfassers bzw. der Verfasserin. Was keine leichte Aufgabe ist und eine hohe Konzentrationsfähigkeit voraussetzt. Plus Disziplin.
Denn damit ist die Qualitätssicherung noch lange nicht abgeschlossen. Darüber hinaus müssen nämlich Quellen, Zitate, Fotos/Grafiken und Verlinkungen auf Seriosität und Rechtskonformität überprüft werden. Gegebenenfalls in Rücksprache mit dem bzw der AutorIn, den RechteinhaberInnen und/oder der hausinternen Rechtsabteilung. Von SEO-relevanten Fragen wie Keywords, Title, Meta Description etc. ganz zu schweigen.
Jede Menge Holz also.
Da ist es doch versöhnlich, dass beim Korrektorat das kostenlose LanguageTool und die Online-Rechtschreibprüfung vom Duden eine Arbeitserleichterung bieten. Allerdings sollte beides nur flankierend zur „Augenprüfung“ eingesetzt werden, da nichts die menschliche Expertise und Intuition schlägt. Trotzdem erhöht eine zusätzliche Prüfung per Tool die „Korrektursicherheit“. Eine weitere zuverlässige Ressource ist die Website von korrekturen.de.
Worauf man sich indes niemals verlassen sollte, ist die Rechtschreibprüfung von Word. Die war als Kind schon schei- … schlecht.
Fazit
Um effizient zu sein, sollte deine Content-Qualitätssicherung entlang des gesamten Redaktionsprozesses verlaufen und an zentralen Punkten korrigierend in die Produktion eingreifen können. Doch auch im Marketing ist es ob des oft stressigen Redaktionsalltags schlichtweg unmöglich, jederzeit eine vollumfängliche Qualität zu gewährleisten. Dafür ist die Aufgabe alles in allem zu gigantisch. Medienverlage können ein Lied davon singen. Dennoch sollten im modernen Marketing Haltung und Gewissenhaftigkeit eine wichtige Rolle spielen und den Weg für eine optimale Content-Qualität vorgeben – und ebnen. Zum Wohle der NutzerInnen und der eigenen Unternehmensziele. Ohne die Rückendeckung und das Vertrauen vonseiten der Unternehmensführung wird das jedoch nichts. Und ohne angemessenes Budget ebenfalls nicht.
Ich hoffe, dass mein Beitrag eine kleine Hilfestellung für Content-Macher und -Macherinnen ist und das Bewusstsein der noch unentschiedenen Entscheider im Mittelstand und anderswo schärft. Immerhin geht es um viel.