In den vergangenen Jahren ist die Conversion-Rate-Optimierung für viele E-Commerce-Unternehmen ein wichtiger Bestandteil ihres Marketingkonzepts geworden. Denn was nützen schon ein gutes Produkt und ein schickes Webdesign, wenn zu viele Nutzer und Nutzerinnen die Website wieder verlassen, ohne zuvor einen Kauf getätigt zu haben …? Meist stimmt dann was mit dem Conversion Funnel bzw. der Customer Journey nicht.
Die Conversion-Rate-Optimierung stellt daher den Nutzer bzw. die Nutzerin ins Zentrum der Analyse: Wer ist die Zielgruppe? Welche Bedürfnisse hat sie? Wie wirkt sich das auf die Interaktion mit der Website aus? Klar ist: Obwohl sich Technologien stetig weiterentwickeln, ist der „Faktor Mensch“ heute im (Online-)Marketing elementarer als jemals zuvor. Der Fokus wird also in Zukunft noch stärker auf den Erwartungen, Bedürfnissen und Interessen der NutzerInnen liegen. Auch und gerade bei der Conversion-Rate-Optimierung.
Um dich in der täglichen Arbeit zu unterstützen, stellen wir fünf aktuelle Handlungsfelder der Conversion-Rate-Optimierung vor, die du so schnell wie möglich beackern solltest. Wie du sehen wirst, sind diese eng miteinander verwoben und zielen letztlich alle auf den Menschen als soziales Wesen ab. Oder anders ausgedrückt: Wenn du genau hier bei deinen NutzerInnen punktest, hast du im Wettbewerb ganz klar einen psychologischen Vorteil. Und zwar im doppelten Wortsinne, da Psychologie im Marketing nun einmal immer wichtiger wird.
CRO-Handlungsfeld Nr. 1: Human Experience
Auch wenn es verlockend erscheint, auf ein minimalistisches Design, stromlinienoptimierte Prozesse und kontinuierliche Integration zu setzen: Wer es auf seiner Website etwas mehr menschlich lässt, trifft häufig die bessere Wahl. Denn ist eine Website zu anonym, steril und technisch, also gewissermaßen zu distanziert, besteht die Gefahr, dass sich die NutzerInnen nicht mit der Marke und den Produkten identifizieren können.
Menschliche Momente hingegen triggern Emotionen und erleichtern die Identifikation mit Marken und Produkten. Genau durch diese Human Experience nehmen Nutzer und Nutzerinnen positive Marken- und Produkterlebnisse als „Erweiterung der eigenen Person“ wahr – wodurch sich ihre Zufriedenheit mit dem Angebot erhöht. Idealerweise entsteht so eine langfristige Kundenbindung.
How to: Kundenbindung
Und gerade in der heutigen Zeit, in der fast schon täglich neue Marken aus dem Boden sprießen und oftmals ebenso schnell wieder vom Markt verschwinden, ist ein persönliches Verhältnis zu den Kunden umso wichtiger.
Aus Conversion-Sicht musst du zunächst einmal die Zielgruppe definieren: Welche Personas sind für dich relevant, was wünschen sich diese und welche Werte sind für sie zentral? Erst dann kann effektiv optimiert werden, indem die jeweils richtige Darstellungsperspektive der Produkte ermittelt wird.
Nehmen wir zur Verdeutlichung einfach mal zwei sehr unterschiedliche Zielgruppen: Bei der einen handelt es sich um junge Frauen, die sich noch in der Berufsausbildung befinden, ein niedriges bis mittleres Einkommen beziehen und sich in ihrer Freizeit mit Umweltthemen und Popkultur beschäftigen. Bei der anderen Gruppe sind es gut situierte Frauen über 40 Jahre, die sich vor allem für Reisen und Kultur interessieren. An einen Onlineshop für Schuhe zum Beispiel werden diese beiden Zielgruppen in der Regel höchst unterschiedliche Erwartungen stellen. So könnten für die erste Zielgruppe faire Produktionsbedingungen, gute CO2-Bilanzen und niedrige Preise die wichtigsten Kaufanreize sein, während für die zweite Zielgruppe eine optimale Passform und lange Haltbarkeit am wichtigsten sind.
Je nach Zielgruppe und Personas muss die Conversion-Rate-Optimierung dies alles berücksichtigen und auf der Website umsetzen, um menschliche Nähe zu erzeugen. Sei es durch den Look der Seite, die Tonality, das Highlighten bestimmter Werte etc.
CRO-Handlungsfeld Nr. 2: Personalisierung
Ein weiteres wichtiges „Werkzeug“, das künftig an Bedeutung gewinnen dürfte, ist die Personalisierung. Diese wird aktuell schwerpunktmäßig in Newslettern sowie insbesondere von führenden Streamingdienst-Anbietern und großen Online-Händlern genutzt, um KundInnen persönlich anzusprechen und eine individuellere User Experience zu ermöglichen.
Persönliche Ansprachen können ideal in Newslettern eingebunden werden – sofern alle Informationen vorliegen
Klar ist: Neben der persönlichen Ansprache bietet Personalisierung aber noch ganz andere Möglichkeiten. So lässt sich etwa durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz anhand des Nutzerverhaltens ermitteln, welche Nutzer oder welche Nutzerin empfänglich für Rabattaktionen und Gutscheine sind, und wenn ja, wie hoch die eingesparten Beträge individuell sein müssen.
Personalisierung allgemein und ausgefeilte Anwendungsmöglichkeiten im Besonderen werden bis auf Weiteres allerdings großen Unternehmen mit großen Datenmengen und entsprechenden Ressourcen vorbehalten bleiben. Sprich: Der finanzielle und/oder personelle Aufwand ist nicht ohne.
Außerdem muss sich erst noch zeigen, ob sich Personalisierung langfristig tatsächlich positiv auf die Beziehung zu Nutzer und Nutzerin auswirkt – oder ob Personalisierung nicht eher zu mehr Misstrauen von Seiten der Nutzenden führt. Denn nicht jeder Nutzer bzw. jede Nutzerin mag es, sofort (und zu oft) persönlich angesprochen zu werden.
Derzeit ist die Personalisierung im Web jedoch auf dem Vormarsch, und es spricht einiges dafür, die Conversion-Rate-Optimierung stärker darauf auszurichten.
CRO-Handlungsfeld Nr. 3: Purpose
„Purpose“ wird heutzutage zunehmend als „Sinn“ oder „Daseinszweck“ von Unternehmen verstanden – was aus Sicht von unserem Redakteur Andreas Quinkert nicht ganz unproblematisch ist. Lässt man sich indes auf die Begrifflichkeit und die ihr im Unternehmenskontext zugeschriebene Bedeutung ein, so hat das Ganze eine gewisse Folgerichtigkeit und passt gut in unsere Zeit. Zumal Purpose indirekt auch mit der Conversion-Rate-Optimierung zu tun hat.
Wie das? Nun, die Sinnfrage ist in unserem Alltag immer präsenter: Während in der westlichen Welt die Grundbedürfnisse der Menschen weitgehend erfüllt sind, fragen sich viele von uns mittlerweile, was ihr Handeln eigentlich bewirkt und ob es der Gesellschaft einen Mehrwert bringt oder negative Konsequenzen nach sich zieht. Und eben diese Frage stellen sich heute auch immer mehr Kunden in Bezug auf Unternehmen: Was tut ein Produkt für mich und wie wirkt es sich auf andere aus, wenn ich es nutze? So etwa die sozialen und politischen Rahmenbedingungen sowie die Arbeitsbedingungen in den Herstellerländern betreffend. Und nicht zuletzt in puncto Klimaschutz und Nachhaltigkeit.
Mehr und mehr Unternehmen wollen durch Nachhaltigkeit punkten
Insofern kommen die meisten Unternehmen nicht umhin, sich mit dem eigenen „höheren Zweck“ auseinanderzusetzen: Warum existiert das Unternehmen und welche Probleme kann es lösen? Wie wirkt sich das Handeln des Unternehmens auf Stakeholder, Angestellte und KundInnen aus? Und welche Konsequenzen hat es für alle anderen?
Passt die Haltung des Unternehmens zur anvisierten Zielgruppe, ist schon viel gewonnen. Sofern beides aufrichtig gelebt wird, glaubwürdig ist und nicht einfach nur auf die Schnelle übergestülpt wurde. Also Vorsicht: Zielgruppen entwickeln dafür ein immer feineres Gespür!
Im besten Fall gewinnen Unternehmen auf diese Weise an Profil, werden (menschlich) nahbarer und bauen Vertrauen auf – und schaffen somit eine geeignete Identifikationsfläche für ihre Zielgruppen. Und wer weiß, vielleicht wird Purpose hier und da sogar zum USP? Umso lohnenswerter kann für Unternehmen die Beschäftigung mit dem eigenen übergeordneten Daseinszweck sein. Wenn es denn einen solchen gibt.
Purpose aus Conversion-Sicht umzusetzen, ist zugegebenermaßen völlig neu, und klassische Stellschrauben greifen vermutlich nur bedingt. Vielmehr dürfte es hier noch stärker auf psychologisches Feingefühl und die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen wie SEO, Public Relations, Social Media, Vertrieb und Support ankommen. So könnte per Felderfahrungen, Kundenbefragungen, Zielgruppen- und Wettbewerberanalysen und daraus abgeleiteten A/B-Tests ausgelotet werden, ob und wie sich Purpose zwecks Conversion-Rate-Optimierung in der Zielgruppenkommunikation nutzen lässt. Der entscheidende Hebel ist jedenfalls das Vertrauen, das der „passende Purpose“ zwischen Unternehmen und ihren Zielgruppen herstellt. Ein spannendes Feld für die nähere Zukunft!
CRO-Handlungsfeld Nr. 4: Vertrauen & Sicherheit
Vertrauen und Sicherheit sind zwei grundlegende menschliche Bedürfnisse. Gerade heute, wo Datenschutz ein wichtiges gesellschaftliches und politisches Thema ist und Userdaten ein wertvolles wirtschaftliches Gut sind, muss das Thema „Online-Sicherheit“ zwingend in Marketingkonzepten berücksichtigt werden. Denn gerade NutzerInnen, die sich sicher fühlen und dem Unternehmen und der Website via Überprüfbarkeit vertrauen können, werden irgendwann zu KundInnen. Aus guten Gründen und idealerweise sogar langfristig. Kurzum, Sicherheit ist die Basis jeden Vertrauens.
Dazu müssen Kundendaten sicher verarbeitet werden – und dürfen, wenn überhaupt, nur in Kernbereichen der eigenen Unternehmenstätigkeit weiterverwendet werden.
KundInnen lassen sich Sicherheit durch Verweise auf Datenschutzrichtlinien und die Verwendung von Trust-Elementen nahebringen. Auch Social Proof, also die Gewissheit, dass das Unternehmen bereits andere zufriedene Kunden und Kundinnen hat, tragen zum Sicherheitsempfinden bei.
Bekannte Marken und Transparenz fördern das Sicherheitsgefühl der Kunden
Weniger offensichtlich, aber von nicht minder großer Bedeutung ist ein ungestörtes Nutzererlebnis: Websites müssen „gut funktionieren“, und die Nutzenden sollten zu jedem Zeitpunkt das Gefühl haben, die Kontrolle zu haben. Kurze Ladezeiten, sinnvolle Weiterleitungen, hilfreicher Content und intuitive Designs tragen maßgeblich dazu bei. Hinzu kommen Transparenz, Ehrlichkeit und Integrität. Ist all dies nachvollziehbarer Bestandteil der Markenidentität, entwickelt sich über kurz oder lang ein immer größeres Vertrauen. Und Vertrauen ist, ebenso wie der passende Purpose, die beste Basis für eine optimale Conversion Rate.
CRO-Handlungsfeld Nr. 5: Interaktion
Wie eigentlich bei allen Punkten zuvor geht es am Ende immer um die Interaktion zwischen NutzerInnen und Unternehmen. Um den Aufbau einer Beziehung, die sich für beide Seiten auszahlt. Das war schon so, als das Internet noch in den Kinderschuhen steckte und Kunden bzw. Kundinnen überwiegend im stationären Einzelhandel eingekauft haben. Denn menschliche Interaktion ist seit jeher der Kitt zwischen KundIn und Anbieter.
Mit dem Aufschwung des Onlinehandels ist das Zwischenmenschliche zunächst in den Hintergrund gerückt. So waren die ersten Onlineshops anonym, reduziert und nicht allzu persönlich. Man wusste es damals einfach nicht besser.
Social Networks haben dann aber vorgemacht, welche neuen Möglichkeiten es gibt, um erfolgreich mit KundInnen in Kontakt zu treten. Dort wurde beharrlich ausprobiert und wieder verworfen, bis sich nach und nach tragfähige Taktiken und Strategien herauskristallisierten. Ihnen allen ist die Erkenntnis gemein, dass sich Nutzer und Nutzerinnen umso besser mit einem Unternehmen identifizieren, je mehr sie aktiv mitmischen können. Dadurch fällt es ihnen leichter zu verstehen, inwiefern sie von dessen Angebot profitieren. Zudem erfahren sie auf dem Wege der Interaktion Bestätigung. All das wirkt sich positiv auf die Markenbindung und die Kundenzufriedenheit aus.
Plattformen wie Instagram haben die Interaktion mit Nutzern perfektioniert
Die Interaktion ist damit der Dauerbrenner in der Conversion-Rate-Optimierung. Welche interaktiven Elemente wie in die Website eingebunden werden, hängt allerdings stark vom jeweiligen Geschäftsmodell und Angebot ab. Hierbei gilt es auch neue Wege zu beschreiten: Für Onlineshops mit vielen vergleichbaren Produkten bietet sich beispielsweise der Einsatz eines „Beraters“ an: ein Wizard, der der KundInnen hilft, ganz bequem das für ihn oder sie passende Produkt zu finden. Umfragen, Kommentarfunktionen und die Möglichkeit, Bilder hochzuladen, verbessern ebenfalls die User Experience. Denn so können Nutzer und Nutzerinnen schnell „gegenchecken“, ob ein Produkt zu ihnen passt und ihren Erwartungen entspricht.
Man darf gespannt sein, welche neuen Chancen insbesondere die künstliche Intelligenz bieten wird. Und wie sich diese für bessere Conversions nutzen lassen.
Fazit
In der Conversion-Rate-Optimierung stehen der Mensch und seine Bedürfnisse heute stärker denn je im Mittelpunkt. Quantitative Datenanalysen sind hierbei nicht alles. Stattdessen wird es künftig immer mehr um die qualitative Betrachtung gehen. Und zwar mit Fokus auf die Güte der Inhalte. Und nicht vergessen: „SEO-Content“ ist ein Relikt aus der Frühzeit des Internets!
Unternehmen müssen klar kommunizieren, welche Probleme sie durch ihr Angebot lösen. Und welche Werte sie vertreten. Transparenz, Ehrlichkeit und der Aufbau von Vertrauen gewinnen in diesem Zusammenhang zunehmend an Bedeutung und bereiten den Boden für langfristiges Wachstum. Bei all dem kann die Conversion-Rate-Optimierung das Zünglein an der Waage sein und mit psychologischem Feingefühl entscheidend dazu beitragen, die Kommunikation mit den NutzerInnen zu verbessern und Websitebesucher ins Ziel zu führen.