„Natürlich gibt es sehr viel Content, aber vieles davon möchte ich nicht missen“ – Stefan Rudolph im Interview - LEAP/
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„Natürlich gibt es sehr viel Content, aber vieles davon möchte ich nicht missen“ – Stefan Rudolph im Interview

Im Interview spricht Stefan Rudolph über den Einfluss der Pandemie auf Events und den Wechsel aus der Agentur auf die Inhouse-Seite.

by Oliver Engelbrecht
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Über Stefan Rudolph

Stefan Rudolph ist seit September 2020 als Senior SEO Manager bei McMakler für ein mehrköpfiges Team verantwortlich. Zuvor war er acht Jahre bei der Agentur SUMAGO beschäftigt. Als Head of SEO und Eventmanager hat man ihn u. a. auf Veranstaltungen wie der CAMPIXX angetroffen.

Hi Stefan, willkommen bei LEAP/. Du bist für ein Team verantwortlich, das sich aus ganz unterschiedlichen MitarbeiterInnen zusammensetzt: Freelancer, Vollzeitarbeitende und Werkstudierende. Was sind für dich die Vor- und Nachteile bei einem so durchmischten Set-up?

Ich finde den Mix sehr gut, aber natürlich hat jede Anstellungsform ihre Herausforderungen. Werkstudierende zum Beispiel sind meistens total wissbegierig und bringen spannende Perspektiven ins Team. Durch das Studium sind sie manchmal aber auch spontan eingebunden. ­Man kann mit ihnen deswegen weniger langfristig planen. MitarbeiterInnen, die wir Vollzeit an der Seite haben, geben uns Verlässlichkeit. Das brauchen wir z. B. bei der Bewältigung täglicher Aufgaben und der Vollendung von Initiativen zur Sichtbarkeitssteigerung.

Gerade das Thema Ausbildung ist in unserer Branche schon immer ein wichtiges und hängt hier auch sehr an den Unternehmen und Agenturen selbst. Worin liegen für dich die Vorteile, selbst auszubilden?

Es ist immer schön, wenn man Menschen neue Dinge beibringen kann, das gilt auch für Trainees und Juniors. Der einzige Nachteil ist für mich gerade in Agenturen, dass viele KollegInnen sich nach ihrer Ausbildungszeit relativ schnell neue Jobs suchen – und die Agentur dann wieder von vorne anfangen muss. Das macht es schwierig, langfristig zu planen und mit den KollegInnen zusammen Erfolge zu feiern. Das ist bei einem guten Team wie hier bei McMakler schon anders. Wir bauen unser Wissen nachhaltig auf, sodass es am Ende für den gesamten SEO-Prozess jahrelang genutzt wird.

Trotzdem ist die Aus- und Weiterbildung natürlich sehr wichtig. So können wir unsere zukünftigen ExpertInnen selbst anleiten.

Gerade in Agenturen ist die Fluktuation der Mitarbeitenden oft sehr hoch (du und ich sind da Ausnahmen). Hast du die Erfahrungen gemacht, dass es Inhouse beständiger ist? Oder liegt es einfach an der Branche?

Meine Inhouse-Erfahrung begrenzt sich auf McMakler. Uns gibt es auch erst vergleichsweise kurz, nämlich seit sechs Jahren. (Du kannst uns fast noch als Start-up bezeichnen – auch wenn wir schon lange keins mehr sind.)

Die Fluktuation nehme ich bei uns viel weniger wahr, da wir uns als Unternehmen konstant entwickeln und somit auch den MitarbeiterInnen immerzu die Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung bieten.

Wir haben gerade durch die Pandemie und das damit verbundene Home-Office ganz neue Erfahrungen gemacht. Wir recruiten zum Beispiel nicht mehr nur in Berlin. Wie sind deine Erfahrungen mit dem Home-Office und kannst du dir vorstellen, wieder Vollzeit ins Büro zu gehen?

Ich bevorzuge ganz klar das Home-Office und kann mir gar nicht mehr vorstellen, Vollzeit im Büro zu arbeiten. Diesen Wunsch habe ich auch bereits mit meinen KollegInnen und Vorgesetzten kommuniziert. Das wird absolut akzeptiert und toleriert. Ich habe mir ein ehemaliges Kinderzimmer als Büro eingerichtet, während meine Frau im eigentlichen Büro unseres Einfamilienhauses arbeitet. Das funktioniert richtig gut.

Aber natürlich gibt es auch Menschen, die sich im Büro wohler fühlen. Zum Beispiel Werkstudierende, die schon von zu Hause aus studieren und lernen und so kaum noch Leute treffen. Es wird auch immer Momente geben, in denen man ein Team für kreative Besprechungen (große Dinge) zusammenbringen möchte. Ob das nun im Büro, im Hotel wie bei Konferenzen oder ganz woanders ist, ist ja egal. Da werden wir uns sicher in den nächsten Monaten und Jahren viele Konzepte ausdenken und diese ausprobieren.

Wo du schon Konferenzen ansprichst: Du warst jahrelang für eine der führenden deutschen SEO-Konferenzen mitverantwortlich. Mit der Campixx wart ihr letztes Jahr praktisch die letzte Großveranstaltung vor dem ersten Lockdown, die ihr auch nach dem ersten Tag wieder abbrechen musstet. Wie hast du die Situation damals erlebt? Das muss extrem stressig gewesen sein.

Es gab damals tatsächlich noch keine großen Vorgaben von der Politik und wir waren uns sicher, die Veranstaltung mit dem, was wir damals für gute Hygienemaßnahmen hielten, durchführen zu können. Die zwei Tage Contentixx haben auch toll funktioniert, aber die Bestimmungen für Veranstaltungen wurden jeden Tag härter. Am Ende des ersten Campixx-Tages hat dann die Kanzlerin eine Rede gehalten und zum ersten Mal darum gebeten, dass man sich nicht mehr in Gruppen treffen soll.

Marco wollte sich daran halten. Das hat dann dazu geführt, dass er sich nachts dazu entschieden hat, die Veranstaltung zu beenden. Wir vom Orga-Team wurden dann alle sehr früh am nächsten Morgen aus dem Schlaf geklingelt und haben eine Lagebesprechung abgehalten. Wir mussten die Kommunikation sicherstellen und den verfrühten Abbau organisieren. – Das war wirklich sehr stressig. Und nach all den Jahren ein komisches Ende für die letzte Campixx, die ich im Orga-Team miterleben durfte.

Auch wenn du jetzt nicht mehr selbst Events organisierst: Kannst du einschätzen, wie die Pandemie das Veranstaltungswesen verändert? SUMAGO beispielsweise hatte ja noch weitere Events, die dann in der ODC aufgegangen sind. Jetzt sind wir in der Situation, dass die ersten Konferenzen mit kleineren Ausgaben oder hybriden Modellen wieder loslegen.

Ich glaube und hoffe, dass die ersten Konferenzen, die jetzt wieder stattfinden sollen, gut funktionieren werden. Dazu braucht es durchdachte Konzepte. Meiner Meinung nach sollten alle Besucher einen PCR-Test machen – der Neustart von Events sollte die Mehrkosten hier wert sein.

Auf der Campixx werde ich auch einen Vortrag halten und freue mich schon, die Veranstaltung mal im Sommer zu erleben.

Viele der rein digitalen Konferenzen halte ich allerdings für schwierig. Denn in den meisten Fällen fällt das Networking weg, was für viele BesucherInnen den größten Reiz ausmacht. Viele Anbieterinnen und Anbieter haben dadurch gemerkt, dass die digitalen Ausgaben ihrer Veranstaltungen schlicht nicht den Umsatz erbringen, mit dem man die dahinter stehenden Kosten decken kann. Das tut den Veranstaltern natürlich weh. Aber auch den Dienstleistern, die hinten mit dranhängen, wie den Hotels.

Die meisten NutzerInnen sind nicht dazu bereit, für digitale Vorträge ähnlich viel zu bezahlen wie für eine physische Konferenz. Dazu gibt es wahrscheinlich zu viele kostenlose Angebote wie Webinare.

Du sprichst die Masse an Inhalten an, die es in unserer Branche mittlerweile gibt. Glaubst du, wir bewegen uns hier langsam auf einen Punkt zu, an dem es zu viele Online-Marketing-Inhalte gibt? Oder ist der Bedarf einfach ungebrochen groß?

Natürlich gibt es sehr viel Content, aber vieles davon möchte ich nicht missen. Dinge wie der Podcast von Seo Südwest oder das wöchentliche Update von SISTRIX helfen mir in meiner Arbeit sehr. Es gibt immer Entwicklungen, die man sonst verpassen würde. Alle Inhalte zu konsumieren ist unmöglich, da muss jeder abwägen, was ihm oder ihr liegt. Ich höre zum Beispiel viel lieber beim Sport Podcasts, als dass ich mir Videos auf YouTube anschaue. Daher haben viele unterschiedliche Inhaltsformen definitiv ihre Berechtigung.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass viele von uns Content als Agenturleistung anbieten. Da macht es Sinn, Dinge erst einmal zu testen, bevor man sie bei KundInnen einsetzt.

Da können wir nochmal die Brücke zu deinem Lebenslauf schlagen. Jetzt, wo du beide Seiten kennst: Was sind für dich die Vor- und Nachteile von Agentur- und Inhouse-Leben?

Ich fange mal mit der Agentur an. Die Vorteile hier sind, dass man viel testen kann. Die Lernkurve ist steil und man kann sich in vielen Bereichen ausprobieren. Dafür ist es zum Teil schwer, ab einer gewissen Stufe weiter voranzukommen.

Inhouse kann man ganz andere Sachen lernen, auch über die Unternehmen selbst. Dafür ist es hier manchmal schwierig, die benötigten Ressourcen aus anderen Teams zu bekommen (zum Beispiel der IT), da deren Arbeitszeit oft auch von anderen Teams angefragt wird. Da muss priorisiert werden.

Und wie sieht dein perfektes Set-up für ein Inhouse-Team aus? Würdest du am besten alles aus der Suchmaschinenoptimierung im Team abbilden oder dir für bestimmte Dinge Agenturen ins Haus holen?

Es gibt Themen, die sind Inhouse nur sehr schwer abzubilden. Wer beispielsweise Content skalieren möchte, kriegt das meistens mithilfe einer Agentur oder mit Freelancern viel schneller und günstiger umgesetzt. Wer Linkaufbau betreibt, wird das in vielen Fällen sicher auch mit einer Agentur angehen.

Ich denke, da muss je nach Thema die beste Lösung für das jeweilige Unternehmen gefunden werden.

Lieber Stefan, vielen Dank für diese Einblicke in deine Arbeit!

This post was written by

Oliver Engelbrecht

Ich bin bei LEAP/ für Marketing & Communications zuständig und verantworte damit die Lead-Generierung und das Branding der Agentur. Zudem leite ich unser LEAP/ Magazin als Chefredakteur. Zuvor habe ich das SEO-Portal aufgebaut und geleitet.