„In Social Media sollten Themen wie Authentizität und Zuhören an erster Stelle stehen“ – Philipp Rodewald im Interview - LEAP/
, Peter Herzer

„In Social Media sollten Themen wie Authentizität und Zuhören an erster Stelle stehen“ – Philipp Rodewald im Interview

Philipp Rodewald spricht im Interview über die Entwicklung der sozialen Netzwerke und Vorteile von Social-Media-Advertising.

by Peter Herzer
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Über Philipp Rodewald

Philipp Rodewald ist Gründer und Geschäftsführer von „Webbosaurus“, einem Full-Service Social-Media-Monitoring-Dienstleister aus Berlin. Dort beobachtet und analysiert er die Wahrnehmung von Marken, Themen, Produkten etc. im Social Web. Je nach Kundenanforderung erstellt er teils sehr komplexe Analysen für die individuellen Fragestellungen bzw. bietet seinen Kunden auch direkten Zugang zu den Ergebnissen des Social-Media-Monitorings mit seinem Online-Tool „Webboboard“.

Hi, Philipp und willkommen bei LEAP/. Was war zuerst da? Der Dino oder der Name?

Bei der Planung unserer Gründung im Jahr 2009 stellte sich schnell die Frage, wie wir uns eigentlich nennen wollen. Damals gab es noch StudiVZ, Facebook hatte knapp eine Million Nutzer in Deutschland und auch das Thema Social Media war bei Weitem nicht so prägnant wie heutzutage. Nach unzähligen Stunden kamen wir dann auf den Namen „Webbosaurus“. Was steckt dahinter? Ähnlich wie Dinosaurier ausgestorben sind, vertreten wir die (doch sehr provokante) These, dass klassische Display- und Bannerwerbung tot ist. Die nächste Evolutionsstufe ist an der Reihe – in Form von Social Media bzw. Webbosaurus. Zusammen mit einem tollen Designer haben wir dann darauf basierend unser Logo entworfen und dies später mit einem tollen Familienunternehmen aus Thüringen auch in Form von Plüschtieren weiterentwickelt.

Was genau bietet ihr euren Kunden und was unterscheidet euch von anderen?

Wie schon erwähnt ist unser Kerngeschäft Social-Media-Monitoring, also das Beobachten des Social Webs. Im Klartext bedeutet das, dass wir einen eigenen Crawler haben, der das komplette Internet durchforstet und dabei relevante Beiträge für unsere Kunden identifiziert. Diese gefundenen Beiträge werden dann von unseren Analysten hinsichtlich Tonalität, Thematik und Relevanz geprüft und bewertet und letztendlich verschlagwortet. Hier liegt der große Unterschied zu unseren Konkurrenten. Nutzen andere eine automatisierte Bewertung von Beiträgen, setzen wir auf das Know-how unserer Analysten.

Wir haben früh erkannt, dass technische Bewertungen schnell an ihre Grenzen stoßen und unseren Kunden damit wenig geholfen ist, wenn nur 60-70 % aller Beiträge korrekt bewertet sind.  Für detaillierte Insights und den Einsatz im Unternehmen muss diese Quote deutlich über 90 % liegen – und das erreicht man nur mit Menschen. Zudem können wir dadurch auch deutlich individueller auf die Bedürfnisse unserer Kunden eingehen. Außerdem übernehmen wir für unsere Kunden auch das komplette Set-up inkl. Quellen- und Suchbegriffsrecherche. Bei unserem Online-Tool steht stets das Thema Bedienbarkeit an erster Stelle. Wir wollen ein Werkzeug für unsere Kunden sein, damit sie erfolgreicher sind. Der Job darf es nicht sein, unser Tool können zu müssen und Profi im Bereich Monitoring zu sein.

Neben dem Online-Tool erhalten unsere Kunden auch fertige individuelle Analysen. Je nachdem, welche Fragestellung der Kunde hat und für welchen Einsatz die Thematik geplant ist, nutzen unsere Kunden entsprechende Analysen, das Tool oder beides.

Was sind für dich Social-Media-Kanäle? Zählst du Blogkommentare und Forenbeiträge dazu?

Eine Frage, mit der ich mich schon 2008 während meines Studiums intensiv beschäftigt habe. Was ist eigentlich dieses Web 2.0 bzw. Social Media? Eine wissenschaftliche Definition gibt es nicht und für einige gilt „Social Media = Facebook, Twitter“. Für uns sind Social-Media-Kanäle jedoch alle Plattformen, auf denen Menschen miteinander diskutieren bzw. ihre Meinung mit der Öffentlichkeit teilen. Damit fallen nicht nur die großen Netzwerke wie Facebook oder Twitter darunter, sondern auch die von dir angesprochenen Blogkommentare und Forenbeiträge. Wir gehen jedoch weiter und zählen auch Kommentare auf Newsportalen, Frage- & Antwortportalen, Bewertungen, Blogbeiträge, Bildplattformen und Videoplattformen dazu. Darüber hinaus überwachen wir aber bei Bedarf natürlich auch redaktionelle Beiträge, sowohl online als auch offline.

Die Altersgruppe unter 14 ist ja im Allgemeinen nicht so relevant, vor allem bei Facebook. Woran liegt das und ist das bei Foren auch so?

Jede Plattform hat ihre eigene Nutzerschaft. Nicht nur die 14-Jährigen, sondern auch die 50-Jährigen findest du selten auf Facebook. Das hat verschiedene Gründe, nicht nur die unterschiedlich ausgeprägte Medienkompetenz, sondern auch die Relevanz. Gerade bei Jüngeren merkt man, dass andere Netzwerke wie WhatsApp, SnapChat oder Instagram deutlich interessanter sind und größere Nutzergruppen binden – wohingegen Facebook bei dieser Altersgruppe immer mehr an Relevanz verliert. Anders sieht es hier jedoch ganz klar auf den „klassischen“ Plattformen wie Foren oder Frage- & Antwortportalen aus. Diese haben meist einen sehr starken Themenfokus (gerade bei Foren) und sind somit ein guter Ort, um Gleichgesinnte zu treffen. Dort spielt dann so etwas wie das Alter natürlich weniger eine Rolle.

Für wen sind Pinterest und Co. (Instagram, Vine, Youtube etc.) interessant und wie sind diese für Unternehmen nutzbar?

Für jede Plattform gibt es entsprechende Zielgruppen und Nutzer, wobei natürlich Bildplattformen vor allem für visuelle Bereiche wie Mode, DIY, Essen und Lifestyle interessant sind. Videoplattformen wiederum auch für die Bereiche Technik, da sie eine Plattform für verschiedene Einsatzgebiete wie z. B. Tutorials bereitstellen.

Was sind „Do’s und Don’ts“ in Social Media? Hast du evtl. Beispiele zur Verdeutlichung?

Da Social Media durchaus mit „Kommunikation-auf-Augenhöhe“ gleichzusetzen ist, sollten hier vor allem Themen wie Authentizität und Zuhören an erster Stelle stehen. Kundenbedürfnisse müssen ernst genommen werden und dürfen nicht unter den Tisch gekehrt werden. Gerade weil das Internet nicht vergisst, können fehlerhafte Reaktionen im Social Web auch langfristig einem Unternehmen schaden. Zudem erwarten die Nutzer oft eine schnelle Reaktion. Hier muss auf Unternehmensseite der Support entsprechend aufgestellt sein, dass Anfragen zeitnah beantwortet werden.

Auf der anderen Seite sieht man oft, dass die Contentstrategie verschiedener Unternehmen wenig mit dem Unternehmen selbst zu tun hat. Teilweise hat man das Gefühl, dass bei Wikipedia geschaut wird, ob ein spezieller Feiertag ansteht und dieser dann entsprechend in die Redaktionspläne übernommen wird. Doch müssen wir als Nutzer wirklich von allen Unternehmen zu lesen bekommen, dass Weltkaffeetag oder ein ähnlicher Feiertag ist? Auch das Posten des aktuellen Wetterstatus oder „Heute-ist-mal-wieder-Montag“ ist aus meiner Sicht ein klares DONT.

Wie kann die Planung für eine Social-Media-Strategie aussehen? Wie hilft euer Tool dabei?

Grundsätzlich benötigt eine Social-Media- bzw. Online-Strategie fundierte Aussagen, auf denen man die Strategie entwickeln kann. Diese Aussagen sollte man dabei nicht nur aus der klassischen Marktforschung, eigenen Unterlagen und einzelnen Aussagen von Kunden ableiten, sondern der Blick ins Social Web ist ein Muss. Hier können Unternehmen erfahren, welche Themen Kunden beschäftigen und welche Probleme sie mit Produkten/Service haben, aber auch, welche Sachen schon besonders gut ankommen. Diese Dinge kann man für die eigene Strategie adaptieren und somit besser den Ton der Kunden treffen.

Du hast im Vortrag von einer Bier-Kampagne erzählt, die ihr gemacht habt. Erzähl unseren Lesern auch davon!

Jedes Jahr erstellen wir von Webbosaurus 2-3 Studien über die Wahrnehmung verschiedener Branchen im Social Web. Neben dekorativer Kosmetik oder weißer Ware haben wir uns auch die von dir angesprochene Wahrnehmung von Biermarken angeschaut. Kaum ein Produkt ist so emotional aufgeladen und mit regionaler Verortung der Nutzer verbunden wie das Thema Bier. Jede Ortschaft hat ihre kleine Brauerei, große Brauereien haben entsprechende Sponsoring-Pakete und die Diskussionen sind oft sehr gefühlsbetont. Sei es der Schalke Fan, der aus Patriotismus und Liebe zum Verein nur Veltins trinkt oder der Franke, dessen Familie seit Generationen nur eine Biermarke trinkt.

Dazu haben wir uns im Jahr 2013 die Wahrnehmung der zehn größten deutschen Brauereien (nach Gesamtausstoß in Deutschland) angeschaut und insgesamt über 2.100 Beiträge im Social Web analysiert. Die positivste Wahrnehmung hatten damals vor allem bayrische Biersorten wie Erdinger und Paulaner, negativ wahrgenommen wurden vor allem Oettinger und Bitburger. Die Marke mit dem größten Social Buzz war damals Becks. Interessant war auch, welche Themen Frauen und Männern interessieren. Frauen besetzten oft den Part „alkoholfrei/Mischbiere“, Männern hingegen oft das Thema Fußball. Da diese Daten aber nun auch gut fast zwei Jahre alt sind, ist es sicherlich interessant, welche Marken in der Zwischenzeit besser/schlechter dastehen und welche Themen die Nutzer im Jahr 2015 interessieren.

Kannst du noch weitere Studien oder wissenswerte Quellen empfehlen?

Wer einen guten Einblick in die Möglichkeiten erhalten möchte, was ein Monitoring leisten kann, dem empfehle ich unsere Studie zum Thema dekorative Kosmetik. Kosmetik ist nicht nur sehr preiselastisch, sondern auch Themen wie Inhaltsstoffe, Sondereditionen, Naturkosmetik und Tierversuche spielen eine große Rolle beim Kauf von Kosmetik. Ein sehr komplexes Thema mit vielen Insights und Auswertungstiefe. Für mich neben unseren Kundenprojekten die spannendste Studie, die wir von Webbosaurus erstellt haben.

Vielen Dank nochmal an dich, Philipp, dass du gleich zwei Mal als Speaker in unserer Barketing Academy warst. Du kannst uns natürlich jederzeit wieder besuchen!

This post was written by

Peter Herzer

Nach meinem Studium bin ich ins Online-Marketing gekommen und seit 2013 bei LEAP/ (ehemals Barketing). Angefangen habe ich als Trainee und wurde dann zum Account Manager im Offpage-SEO. Dort helfe ich Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Offpage-Strategien.