Hi, Nicolas und willkommen bei LEAP/. Welche möglichen Ziele können Unternehmen mit Content-Marketing verfolgen?
Das ist eine hervorragende Frage, denn viele Unternehmen machen genau hier die größten Fehler: Sie setzen sich keine konkreten Einzelziele, sondern versuchen mit einer Content-Marketing-Maßnahme ganz viele Ziele auf einmal zu erreichen. Und das geht in der Regel nach hinten los, weil es sich oft um konkurrierende Ziele handelt. Wir unterteilen grundsätzlich in 3 Ebenen, um die einzelnen Ziele klarer und verständlicher zu strukturieren.
- Die strategische Ebene bzw. strategischen Ziele: ein Ziel kann hier z. B. das Thema Reputation sein
- Die operative Ebene bzw. operative Ziele: hier wird oft das Thema „Linkearning“ als Ziel genannt
- Die Engagement-Ebene bzw. Engagement-Ziele: Sales, Leads, Abos, Downloads etc. sind klare Engagement-Ziele
Als kleines Beispiel, welche Ziele parallel eher selten optimal erreicht werden, sind Linkearning und Sales anzuführen: Wenn der Kunde eine Sales-getriebene Content-Marketing-Kampagne fährt, ist es eher unwahrscheinlich, dass dabei Links abfallen, weil rein kommerzielle Angebote einfach wenig bis gar nicht verlinkt werden. Dann ist es eben sinnlos, als weiteres Ziel „Linkearning“ abzudecken. Und genau diesen Zahn muss man Kunden oft erstmal ziehen und klarmachen, dass Content-Marketing keine einmalige Sache ist und am Anfang eine klare (Einzel-)Zieldefinition stehen muss. Branding-Ziele gleichzeitig mit Linkearning-Zielen zu erreichen ist i. d. R. auch keine gute Idee, denn sobald es zu markenlastig wird, sträuben sich mögliche Linkerati gegen den digitalen Verweis.
Wie wichtig sind Kreativität und Mut im Content-Marketing?
Ich würde mal sagen Kreativität und Mut sind maßgeblich für den Erfolg von Content-Marketing-Kampagnen. Dazu habe ich ja im Vortrag bei LEAP/ einiges erzählt und auch ein paar Beispiele genannt. Bei der derzeitigen Flut an Content (und damit meine ich auch wirklich gute Inhalte), wird es immer schwerer, sich von der Masse abzuheben und zu positionieren. Unkreative langweilige Kampagnen gehen eigentlich immer unter. Je abgefahrener, einzigartiger und vielleicht auch lustiger/krasser eine Story ist, desto eher wird das Stückchen Content auch erfolgreich sein. Als Beispiel kann man den „Kiffer-Werbespot“ von Edeka nennen: schon sehr mutig, sich an dieses Thema heranzuwagen und dazu noch sehr kreativ umgesetzt. Lustig ist es obendrein … Und genau deshalb hat das Ding auch funktioniert. Für manche ist das „nur ein klassischer Werbespot“ und kein Content-Marketing. Ich sehe das etwas anders, denn vieles im Seeding des Videos war definitiv darauf angelegt, im Netz die gewünschte Viralität zu erzielen und damit klare Content-Marketing-Ziele zu erfüllen.
Was sind eigentlich die gängigsten Formate, die genutzt werden?
Ich würde das nicht auf eine Einzelbetrachtung reduzieren wollen. Videos funktionieren natürlich gerade super, aber oft ist es auch eine Kombination aus verschiedenen Formaten. Und natürlich hängt es auch immer von der Bedarfsgruppe/Zielgruppe und von den definierten Zielen an sich ab, welches Format am besten funktioniert. Video- und Bild-Content funktioniert aber aktuell wohl im Schnitt betrachtet am besten.
Wann kann für Content Marketing eine eigene Domain sinnvoll sein?
Das ist ein Thema, dass viele Kunden gar nicht auf dem Schirm haben und daher in ihrer Kreativität leider eingeschränkt sind. Wir hören in der Beratung ganz oft: „… Die Idee an sich ist super, aber das passt nirgends in unsere Webseite rein!“. Und genau dann kann eine separate Domain im Content-Marketing Sinn ergeben. Gerade wenn es um Branding oder Reputation geht. Das ist für Linkearning-Ziele jedoch eher nicht zu empfehlen, da die neuen Links ja dann nicht auf das Hauptprojekt einzahlen. Es gibt einige gute Beispiele, dass Content-Marketing auf einer neuen Domain gut funktionieren kann: RedBull, Stratos oder McWhopper waren jeweils ein voller Erfolg. Das Konzept macht auch dann Sinn, wenn man sehr transaktionsbasierte Angebote hat. Mit einer neuen Domain kann man einen entkommerzialisierten Bereich aufbauen und dort den Content spielen.
Viele Unternehmen versuchen ja in erster Linie Leads oder Sales zu generieren. Warum sollte man Content-Marketing-Kampagnen jedoch lieber entkommerzialisieren?
Ja, das ist immer ein schwieriges Thema. Kunden machen Content-Marketing natürlich, um am Ende mehr zu verkaufen. Eine direkte Zuordnung macht aber nur selten Sinn. Man muss alle Prozesse vor dem Kauf betrachten und hier ansetzen. Das Thema SEO bzw. Linkearning als Teilziel im Content-Marketing ist auch hier wieder ein prima Beispiel: Um mehr Besucher zu bekommen, die dann irgendwann auch mehr kaufen, brauche ich erstmal mehr Links, damit ich bessere Rankings bekomme. Wenn ich jetzt aber an jeder Ecke meiner Webseite schreibe, wie toll, günstig und super ich und mein Produkt sind, dann wird die (natürliche und verdiente) Link-Ausbeute halt sehr, sehr klein bleiben. Das ist einfach Fakt: Je werblicher und transaktionsorientierter ein Stück Content ist, desto weniger gerne wird er verlinkt (und im Übrigen auch weniger oft geteilt).
Nimm beispielsweise eine Infografik als Format: Wenn du dort direkt im Header-Bereich das Logo riesengroß einbaust, wird auf einen Blick klar: Es ist Werbung. Wenn das Logo klein und ausgegraut im Footer der Grafik ganz dezent integriert ist, sind die Chancen auf Shares, Likes und Links einfach höher. Die Subtilität machts!
Gibt es Formate, die besser funktionieren als andere (z. B. interaktive Formate) und worin können Gründe dafür liegen?
Wie oben schon erwähnt, stellt sich zunächst immer erst die Frage nach dem Ziel. Des Weiteren sollte man wissen, wie die Bedarfsgruppe „tickt“ und wo sie sich im Netz aufhält. Und damit beantwortet sich die Frage schon von selbst: Ja, es gibt Formate, die besser funktionieren als andere, weil die Nutzer das Format vielleicht sogar „erwarten“. Und ja, Interaktivität hat im Netz schon immer gut funktioniert, weil der User sich dann mit einbezogen fühlt, mitmachen kann und möglicherweise Feedback erhält. Das alles hat er ja bei klassischer Werbung eben nicht.
Ein wichtiger Punkt nach der Erstellung des Contents ist ja das „Seeding“. Was empfiehlst du hier im Seeding-Prozess dringend zu beachten?
Oh ja, da gibt es jede Menge zu beachten, auch wieder abhängig vom Ziel. Das Seeding sollte auf alle Fälle immer schon zum Start einer Kampagne mit einbezogen werden. Mit „Start“ meine ich nicht den Launch, sondern bereits den Kreativprozess, und bei der Formfindung sollte das Thema Seeding auf den Tisch, denn natürlich will man viele neue Besucher mit dem neuen Content erreichen, aber dazu benötigt man auch oft Multiplikatoren, um die nötige Reichweite aufzubauen. Da ist viel Vorarbeit nötig und man darf das zeitlich nicht unterschätzen. Wir empfehlen das Seeding immer über alle sinnvollen Kanäle, das kann ein Blogger-Outreach sein, aber auch Facebook-Ads, AdWords, Pressemitteilungen, TV, Radio oder XING-News etc. … Ein Mediaplan kann dabei sehr hilfreich sein.
Welche Rolle können persönliche Kontakte im Seeding spielen?
Persönliche Kontakte und ein großes, gut gereiftes Netzwerk sind goldwert für erfolgreiches Seeding. Angefangen von Blogger-Relations, Pressekontakten bis hin zu Experten für bestimmte Verticals, in denen das neue Format auftauchen soll. Wenn du schon jemanden kennst, ist alles einfacher und meist auch schneller. Das ist ganz wichtig für Content-Marketing-Kampagnen, die mit aktuellen Trends oder Events thematisch spielen. Wenn Du z. B. eine wirklich extrem interessante Infografik zur Fußball-EM erstellt hast (mit Insights und Daten, die noch keiner zuvor gesehen hat), dann ist es schon hilfreich, wenn du den Chefredakteur der SportBILD kennst oder eben jemanden, der den Sportredakteur kennt und dich und dein Format weiterempfiehlt.
Nun eine eher subjektive Frage zum Schluss: Welche Content-Marketing-Kampagne hat dich in (jüngster) Vergangenheit besonders inspiriert und warum?
Au, gute Frage! Da gibt es schon so einige, die wirklich gut waren. Ich fand die McWhopper-Aktion von Burger King ganz cool. Einfach auch, weil die Idee der Challenge dahinter und das Herausfordern des größten Marktbegleiters sehr kreativ und lustig war. Und wenn man sich mal die Media-Coverage oder das entstandene Linkprofil von mcwhopper.com anschaut, dann kann man sagen: Das hat richtig gut funktioniert! Auch wenn das Thema Links zumindest aus SEO-Sicht bzw. als Ziel gar nicht vorgegeben war. Aber genau das ist eben auch einer der Erfolgsfaktoren: Baut einfach derart guten Content, dass die gesamte Weltpresse Euch verlinken MUSS! Das ist als kleine (vielleicht regionale) Marke natürlich nicht einfach, aber genau da kommt wieder die Kreativität und der Mut ins Spiel.
Ansonsten ist das Herrenzimmer von Hornbach auch sehr gelungen und in Sachen Kreativität und Spaßfaktor schwer zu toppen.
Da kann ich dir nur zustimmen! Danke dir für diese spannenden Einblicke, Nicolas!