„Eine Weiterbildung muss einen Bedarf der Praxis decken“ – Prof. Dr. Matthias Fank im Interview - LEAP/
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„Eine Weiterbildung muss einen Bedarf der Praxis decken“ – Prof. Dr. Matthias Fank im Interview

Prof. Dr. Matthias Fank spricht im Interview über den Aufbau von Online-Marketing-Weiterbildungen und das Finden von geeigneten DozentInnen.

by Oliver Engelbrecht
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Über Matthias Fank

Prof. Dr. Matthias Fank hat 1999 seinen Ruf an die heutige TH Köln (ehem. Fachhochschule Köln) für das Fach Informationsmanagement erhalten. Damals beschäftigte er sich intensiv mit der Aufbereitung von strukturierten Daten, was zu dem Gebiet Business Intelligence zählt. Ab 2002 begann er, sich auf unstrukturierte Daten aus dem Web zu spezialisieren. Hierzu hat er den Ansatz Webknowledge entwickelt, der es ermöglicht, automatisiert User Generated Content zu erfassen und retrieval-fähig zu machen. Die Entwicklung von Suchmaschinen und deren Arbeitsweise sind seit Jahren ein fester Bestandteil seiner Forschungsarbeiten.

Hallo Matthias und willkommen bei LEAP/. Du bist ja auch in der Marktforschung tätig. Für welche Themen macht dir das Konzipieren von Befragungen am meisten Spaß – weil deine Möglichkeiten am größten oder die Antworten am spannendsten sind?

Ich beschäftige mich seit Jahren mit der Nutzung von Social-Media-Inhalten für die Marktforschung. Das Thema Befragung ist aktuell für mich sehr interessant. Ich experimentiere viel mit den Möglichkeiten der Nutzung von Voice-Assistenten für Befragungen. Die Verwendung von bestehenden Sprachassistenten, wie z. B. Alexa, bei Befragungen, interessieren mich sehr. Hierzu zählt auch die Sprachanalyse. Damit sind wir einmal mehr bei Suchmaschinen, bei denen es darum geht Sprachaufzeichnungen retrieval- und analysefähig zu machen.

Das Webmonitoring ist ja dann praktisch nur eine Weiterentwicklung der klassischen Nutzerbefragung. Wie hast du dieses Themengebiet für dich entdeckt und was fasziniert dich daran am meisten?

Ausgangspunkt war die extrem schnelle Entwicklung des WWW Mitte der neunziger Jahre. Zu diesem Zeitpunkt war ich ein intensiver Nutzer der freien Suchmaschine Fireball. Damals war ich sehr froh, wenn ich zu den eingegebenen Suchbegriffen 1.000 Treffer bekommen habe. Heute gibt es kaum noch Begriffe mit so wenigen Treffern. Aufgrund dieser Fülle von Informationen war es für mich sehr spannend, eine spezielle Suchmaschine zu entwickeln, um Social-Media-Inhalte zu erfassen.

Verständlich, denn die sozialen Netzwerke sind natürlich schöner Bereich, um ein ausgefeiltes Monitoring zu betreiben. Welche sind dir hier am liebsten und was bringst du deinen Studenten zu diesem Thema bei?

Das Schöne beim Social-Media-Monitoring ist die ständige Veränderung. Kaum ein soziales Netzwerk bleibt, wie es ist. In den letzten Jahren hat sich zum Beispiel Instagram extrem stark entwickelt. Aktuell drängt LinkedIn sehr stark auf den deutschen Markt und es ist spannend zu beobachten, wie XING damit zurechtkommt. Bedingt durch die rasante Entwicklung der Netzwerke stehen die einzelnen Netzwerke weniger im Mittelpunkt. Der Aufbau und die Funktionsweise von Suchmaschinen sind aus meiner Sicht wichtiges Grundlagenwissen, das den Studierenden vermittelt wird.

Und daher bist du neben Social Media mittlerweile auch für die Ausbildung von SEO-ManagerInnen zuständig. Wie hat sich das ergeben und was interessiert dich persönlich beim Thema SEO am meisten?

Mit dem Thema SEO beschäftige ich mich schon seit vielen Jahren. Ich bin mit dem Thema nur nie nach außen in Erscheinung getreten. Ich selbst habe lieber Suchmaschinen entwickelt, als Reverse Engineering zu betreiben. Viele der Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Weiterbildung „Social Media ManagerIn“ haben immer wieder nach SEO gefragt. In der Praxis zeigt es sich immer stärker, dass die Bereiche Webredaktion, Social Media und eben SEO zusammenwachsen.

Heute reicht Wissen in nur einem Bereich kaum noch aus; daraus ergibt sich ein konkreter Weiterbildungsbedarf. Die Suchmaschine Google lernt natürlich auch von SEO-Spezialisten. Es ist für mich spannend zu beobachten, wie sich die Suchmaschine Google weiterentwickelt hat.

In der SEO kann ja niemand ein Experte für wirklich alle Themen sein. Welche Dozenten gibt es neben dir noch? Und anhand welcher Kriterien habt ihr diese ausgesucht?

Das ist richtig. Deshalb setzen wir bei der Auswahl der Dozenten auf die Strategie Best-of-Breed, d. h. dass wir für die unterschiedlichen inhaltlichen Bereiche die jeweils erfahrensten Dozenten suchen.

Dabei ist es uns wichtig, einen hohen Anteil an SEO-Experten aus Unternehmen zu verpflichten, die ihre Erfahrungen aus der eigenen SEO-Praxis mit den Teilnehmern teilen und ihnen praktische Umsetzungstipps an die Hand geben. SEO lebt davon, dass man es praktiziert. An der Hochschule habe ich nicht so viele Möglichkeiten, Dinge zu testen. Die Praxis muss es tun. Daher müssen alle Dozenten über ein fundiertes Praxiswissen verfügen.

Damit das Fachwissen auch gut vermittelt wird, investieren wir in die didaktische Ausbildung unserer Dozenten und bieten Workshops an, die sie darin unterstützen, gute Lehre zu gestalten. Eine Liste der Dozenten mit einer Beschreibung ist hier einsehbar.

War es denn schwer, die Dozenten zu überzeugen? Denn es gibt ja noch immer relativ wenige Weiterbildungsangebot für SEOs – gerade, wenn man sich die Universitäten und Hochschulen anschaut.

Gute Dozenten zu finden ist immer eine Herausforderung. Wir haben die Dozenten selbst angesprochen und sind dabei auf sehr positive Resonanz gestoßen. Das hat uns sehr gefreut und auch darin bestärkt, den Lehrgang für SEO-Manager ins Leben zu rufen. Die Entwicklung von Weiterbildungsangeboten ist mit viel Aufwand verbunden. Ich selbst habe fast ein Jahr an der Konzeption gearbeitet, bis sie soweit war, an den Start zu gehen.

Es ist tatsächlich überraschend, dass die Ausbildung im Online-Marketing noch so schleppend verläuft – denn die Jobperspektiven sind ja deutlich besser als in vielen klassischen Studiengängen. Wo siehst du die besten Chancen für deine Absolventen?

Die Entwicklungen in den letzten Jahren waren extrem schnell und es ist sehr schwer, dem in der Ausbildung gerecht zu werden. Ich habe nicht den Eindruck, dass die Hochschulen hier schlafen. Viele Hochschulen bemühen sich darum, aktuell zu bleiben, was eben nicht so einfach ist. Bei aktuellen Themen kommt erschwerend hinzu, dass Personen, die aufgrund ihrer Fachexpertise für Lehre und Forschung infrage kommen, in der Wirtschaft deutlich attraktivere Angebote erhalten.

Ihr habt ja in eurem Lehrgang nur neun Tage, um ein sehr komplexes Themenfeld abzudecken. Denkst du, es wäre an der Zeit, ein komplettes SEO-Studium zu konzipieren?

Die neun Tage beziehen sich ausschließlich auf die Präsenzzeit. Zwischen den Präsenztagen liegen noch Zeiten für das Selbststudium, im dem die Teilnehmer eine eigene SEO-Strategie zur Optimierung eines Webauftritts ihrer Wahl erarbeiten. Dennoch ist die Weiterbildung nicht mit einem Studium vergleichbar. In einem SEO-Studiengang müssten aus meiner Sicht noch weitere Inhalte wie Social Media, Webredaktion und -programmierung aufgenommen werden. Aber ein komplettes Studium zu entwickeln und genehmigen zu lassen ist mit viel Aufwand und Kosten verbunden. Das ist für Außenstehende auf den ersten Blick nicht so ersichtlich.

Da gibt es sicher einige Hürden zu überwinden. Aber zum Abschluss interessiert mich noch, was du dir für die Weiterbildung zu digitalen Themen in Deutschland wünschst. Wo können wir besser werden? Und was ist vielleicht auch schon sehr gut?

Eine Weiterbildung muss aus meiner Sicht, wenn sie erfolgreich sein will, immer einen Bedarf der Praxis decken. Der Begriff „Digitale Transformation“ beschreibt einen aktuellen Prozess, in dem wir uns befinden. Wenn es innerhalb dieses Prozesses klar erkennbare Bedarfe gibt, werden wir als Hochschule versuchen, entsprechende Weiterbildungsangebote zu entwickeln. Es wird auf jeden Fall spannend bleiben. Zunächst müssen wir uns aber erst einmal darauf konzentrieren, das, was wir im Angebot haben, möglichst erfolgreich zu tun.

Es wird sicher spannend sein, den (Weiter-)Bildungsmarkt in diesem Segment in den nächsten Jahren zu beobachten. Danke für die offenen Worte, Matthias.

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Oliver Engelbrecht

Ich bin bei LEAP/ für Marketing & Communications zuständig und verantworte damit die Lead-Generierung und das Branding der Agentur. Zudem leite ich unser LEAP/ Magazin als Chefredakteur. Zuvor habe ich das SEO-Portal aufgebaut und geleitet.