„Es ist ein Irrglaube, dass allein Downloads über den Erfolg einer App entscheiden“ – Mariano Glas im Interview - LEAP/
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„Es ist ein Irrglaube, dass allein Downloads über den Erfolg einer App entscheiden“ – Mariano Glas im Interview

Mariano Glas spricht im Interview über App-Store-Optimierung und die wichtigsten Stellschrauben, um mit einer App erfolgreich zu sein.

by Peter Herzer
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Über Mariano Glas

Mariano Glas ist der Gründer von Serienjunkies.de, dem Informationsportal für Fernsehserien in DACH. Weiterhin beschäftigt er sich viel mit Social-Media-Daten und erfreut sich an Tools, die er für seine Plattform programmiert hat. Ein Thema, welches in den letzten zwei Jahren einen immer größeren Platz in seinem Arbeitstag eingenommen hat, ist die App-Store-Optimierung.

Hallo, Mariano und willkommen bei LEAP/. Du hast einen Vortrag zum Thema App-Store-Optimierung (ASO) gehalten. Kannst du noch einmal zusammenfassen, was versteht man darunter und gibt es Probleme, vor denen du immer wieder stehst?

App-Store-Optimierung (ASO) bezeichnet das Heranziehen von Maßnahmen, die zu einem besseren Ranking von Apps in den unterschiedlichen App Stores führen. Die Vielzahl von Maßnahmen reicht von der Erstellung von Assets wie Icon und Video über die Kompilation eines Keyword-Sets bis hin zu Offsite bzw. Offstore-Maßnahmen im Bereich Social Media.

Weiterhin beschäftige ich mich mit guten und weniger guten Apps für Smartphones und Tablets. Da ich mich mit Apps sehr viel beschäftige, werde ich häufig nach meiner Meinung zu dieser oder jener App gefragt. Da wird dann eben einmal schnell eines der vielen Smartphones oder Tablets im Büro genommen, komplett neu installiert und dann die zu testende App getestet.

Weiterhin beschäftigen wir uns mit der Sicherheit von Apps. Wir testen sie im Bereich der Kommunikation mit dem Backend bzw. externen Services. Nicht immer stoßen unsere Analysen auf viel Applaus. Aber wenn die Daten eines Nutzers nicht sicher sind, werden nicht nur wir dieses Manko entdecken, sondern auch böse Buben, die dann Schindluder damit betreiben. Man glaubt nicht, wie viele Apps eine Datenübertragung ohne SSL durchführen. Da ist noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Welches sind die größten Herausforderungen bei der ASO?

Es gibt da meiner Meinung nach zwei wichtige Punkte.

Erstens: Es gibt keinerlei Standards. Das bedeutet, dass der ASOler (oder App-Manager bzw. Produkt-Manager Mobile) ständig ausprobieren muss, welche Maßnahme in welchem Store mit seiner App derzeit funktioniert. Es gibt einige Gleichheiten, die bei jedem Store wichtig sind, doch meist sind es unterschiedliche Hebel.

Zweitens: Der Kampf gegen den Irrglauben, dass allein Downloads über den Erfolg einer App in den App Stores entscheiden. Es sind eine Vielzahl von Faktoren. Dazu zählen auch, aber nicht allein, die Anzahl der durch Nutzer (!) ausgeführten Downloads. Automatische Downloads werden schon lange nicht mehr für irgendwelche Statistiken herangezogen.

Ein wichtiges Thema ist das Tracking. Warum wird getracked und vor allem wie?

Wenn man sich einmal anschaut, dass rund 80 % aller Apps, die installiert werden, nur ein einziges Mal gestartet werden, ist es doch wichtig zu wissen, warum sie nur einmal gestartet wurden. Man kann hier vielleicht einiges durch Feldtests oder Befragungen feststellen, doch ein Tracking der Nutzung einer App hilft dann auch weiter, wenn man sich die verbleibenden 20 % der aktiven Nutzer anschaut. Das sind die Nutzer, die beschlossen haben, die App weiterhin auf ihrem Smartphone zu behalten und sie zu nutzen.

Durch das Tracken der Nutzung einer App ist es möglich, Ursachen zu finden, die beispielsweise in der Shopping-App auf dem Smartphone zu Abbrüchen im Bestellprozess führen, während die Couch-Version (Tablet) diese Abbrüche nicht hat.

Tracking kann man mit seinem eigenen Server entweder selber machen oder aber durch eine schier unzählige Anzahl von Services, die sich finden lassen, extern betreiben. Ich persönlich bevorzuge das eigene Tracking. Da weiß man, was man macht und warum. Wer es einfach mag oder davor zurückschreckt, ein eigenes Tool zu entwickeln, kann auch mittels Events, beispielsweise in Google Analytics, arbeiten. Soweit es natürlich die Datenschutzvereinbarung zulässt.

Nun gibt es ja nicht nur einen App Store, sondern viele verschiedene. Wonach kann man die Stores eigentlich unterscheiden?

In Europa gibt es die beiden großen App Stores von Apple und Google. Gleichzeitig nimmt Amazon viel Geld in die Hand, um sich als dritter App Store zu etablieren. Durch die Präsentation des Fire Phone hat man nun eine Shopping-Maschine mit Smartphone-Features im Angebot, welches auch Apps, die unter Android laufen, ausführen können. Weiterhin sollte man auch Microsoft und Windows Phone nicht abschreiben. Die derzeit noch zwei (oder drei) App Stores werden zu einem App Store zusammengelegt. Schauen wir, wie sich die Sache hier weiterentwickelt.

Gerade in Asien oder EMAs, wo Smartphones der vorherigen Generation derzeit für wenig Geld gehandelt werden, haben sich App Stores darauf spezialisiert, genau diese Klientel anzusprechen. Und wer ein Game oder Utility entwickelt, dass nicht nur auf dem allerneuesten Android Phone gute Performance zeigt, sollte sich nach Asien wenden. Er wird dankbare Abnehmer finden.

Um in den SERPs überhaupt zu erscheinen, ist eine Landingpage unumgänglich. Doch was gilt es dort bei der Erstellung und Optimierung zu beachten?

Ich plädiere immer für getrennte Landingpages je Betriebssystem und Device. Habe ich eine App für iPhone, iPad, Android Smartphone und Tablet, sollte ich mindestens vier Landingpages haben. Gute Landingpages für Apps unterscheiden sich hier nicht wahnsinnig von denen, die für Produktverkäufe, Newsletter-Abos oder andere Aktionen gedacht sind. Bei der Landingpage für Apps findet der Sale (auch, wenn die App kostenlos ist) nicht auf der eigenen Seite an. Ein guter Überblick der USP, ein entsprechender Hilfe-Bereich und eine Kontaktmöglichkeit zum Support gehören natürlich dazu. Screenshots und Videos sowieso.

Und wichtig ist natürlich auch, dass die Landingpages entweder responsive programmiert sind oder auf unterschiedlich optimierten Seiten ausgelagert sind. Niemand will eine für den Desktop optimierte Seite auf seinem Smartphone präsentiert bekommen.

Du sagtest im Vortrag: ASO ist Handwerk. Welche Werkzeuge braucht man für dieses Handwerk?

Natürlich zuerst das, das zwischen den Schultern sitzt. ASO ist SEO in einer sehr engen Nische. Ich benötige beispielsweise mindestens ein anständiges Keyword-Set. Hier nimmt man die gängigen SEO-Tools, mit denen man schon einen gewissen Kuschel-Faktor erreicht hat. Bei der Auswahl der Keywords sollte man nur beachten, dass kaum ein Nutzer auf einem Smartphone Longtail-Keyword-Kombinationen eingibt, während man auf dem Tablet oder iPad ganz andere Beobachtungen macht. Auch das oben erwähnte Tracking ist wichtig. Hieraus kann ich ableiten, was bei meiner App nicht funktioniert, sie entsprechend verbessern und Kunden glücklich machen. Und die machen mich dann  glücklich, weil sie beispielsweise mehr über meine Shopping-App kaufen. Zwingend notwendig ist auch ein ASO-Tool. Hier könnte man beispielsweise mit MobileDevHQ starten. Es ist in weiten Teilen kostenlos und zeigt schon einmal die Rankings an.

Wie finden Leute eigentlich Apps und unterscheidet man unterschiedliche Benutzertypen?

Hier unterscheidet man zwischen Neu- bzw. unerfahrenen Nutzern und erfahrenen Anwendern.

Unerfahrene Nutzer haben Angst, etwas falsch zu machen. Oder etwas auf dem Smartphone oder Pad zu installieren, dass das Gerät zerstören könnte. Oder das Schindluder mit seinen Daten treibt. Diese Nutzer verwenden zur Entdeckung neuer Apps gern Kategorien oder ein Apple-Feature Apps in meiner Nähe. Hier fühlen sie sich wohl und installieren gern 4- oder 5-Sterne Apps.

Erfahrene Nutzer dagegen suchen eine App nach einer Inspiration, zum Beispiel Golfen, Kochen, Chatten. Sie nutzen weniger die Kategorien. Ich persönlich bezeichne mich als erfahrenen Smartphone-Junkie und nutze gern auf meinem iPhone Apps in meiner Nähe. Umfragen bei diversen Konferenzen oder ASO-Workshops haben aber gezeigt, dass dies kaum jemand nutzt, der schon länger ein Smartphone verwendet. Was schade ist.

Was beide Nutzergruppen jedoch gemein haben: Der Empfehlung von Familie, Freunden und Bekannten wird vertraut.

Ein wichtiger Punkt in jedem Bereich ist das Problem mit Spam. Was tun App Stores dagegen?

Derzeit tun die großen Betreiber viel zu wenig dagegen. Warum auch, verdienen sie doch damit eine Menge Geld. ReSkinning (App-Flipping, App-Cloning) ist ein gutes Geschäft für beide Seiten. Das Problem hierbei ist, dass sich die Nutzer langsam an der Nase herumgeführt fühlen. Das geht nicht mehr lange gut.

Google versucht das Problem zu lösen, wie sie es immer machen: mit einem Algorithmus. Bislang ist dieser aber wohl nicht angewandt oder noch in der Schublade. Das Spam-Problem haben sie noch lange nicht im Griff. Was bei Google verwundert, haben sie doch intern Zugriff auf gute Ressourcen.

Apple macht genau das, was sie auch sonst machen: Sie kaufen sich Manpower ein. Im April haben sie von Amazon den Such-Chef Benoit Dupin abgeworben. Der soll nun die App-Store-Suche in den Griff bekommen. Hoffen wir es einmal.

Was macht einen guten Screenshot bei einer App aus und ist es sinnvoll auch Produktvideos zu erstellen?

Gibt es Produkte, die man verkauft, die ein furchtbares Produktfoto haben? Kaum. Ich sehe Screenshots in diesem Fall auf der gleichen Ebene wie Produktfotos. Und wer einen Fotografen engagiert oder gar im Team hat, ist seinen Marktbegleitern um einiges voraus. Auch bei Screenshots sollten Grafiker das Letzte aus einem Screenshot herausholen. Providererkennung, Uhrzeit und sonstiges Beiwerk, was auf dem Smartphone angezeigt wird, hat auf einem Screenshot nichts zu suchen.

Ich halte Produktvideos nicht erst seit der Einführung der Verlinkung im Google-Play-Store für wichtig. Immer mehr Nutzer gehen zu YouTube, der zweitgrößten Suchmaschine der Welt, und schauen sich vor der Installation einer kostenpflichtigen App ein Video über die Funktionsweise bei YouTube an. Mit der Einführung von iOS8 wird es auch Produktvideos im Apple App-Store geben. Es wird spannend an der Video-Front.

Vielen Dank für diese Insights, Mariano.

This post was written by

Peter Herzer

Nach meinem Studium bin ich ins Online-Marketing gekommen und seit 2013 bei LEAP/ (ehemals Barketing). Angefangen habe ich als Trainee und wurde dann zum Account Manager im Offpage-SEO. Dort helfe ich Unternehmen bei der Entwicklung und Umsetzung ihrer Offpage-Strategien.