Hi, Ines und willkommen bei LEAP/! Du hast ja vor einigen Jahren eine eigene Content-Konferenz in Österreich gestartet. Was waren hier deine Beweggründe?
Bereits vor der Gründungsphase von punkt & komma war „Fortbildung im Content-Bereich” ein wesentliches Thema in meinem Berufsalltag. Für mich als Marketer, aber auch für meine Kunden. „Damals vor zehn Jahren” wurde die Thematik Content-Erstellung ausschließlich auf SEO-Konferenzen angeschnitten oder in amerikanischer Fachliteratur aufgegriffen. Auf nationalen SEO-Konferenzen gab es maximal eine einzige Session zu diesem spannenden Thema – in Österreich gab‘s dann noch weniger dazu …
Aus diesem Mangel an Wissenstransfer heraus wurde der erste ContentDay aus der Taufe gehoben. 2020 findet die Konferenz bereits zum siebten Mal statt.
Wie schaffst du es denn, dich mit deinem Format von den SEO-getriebenen Konferenzen abzugrenzen? Was sind heute die hauptsächlichen Unterthemen und wie verbindet ihr das Ganze unter dem Dach „Content“?
Das ist eine gute Frage, da in den vergangenen Jahren zahlreiche Konferenzen in unterschiedlichsten Formaten wie Pilze aus dem Boden geschossen sind. Meiner Meinung nach gibt es zwei Schwerpunkte, die man als Konferenz-Veranstalter setzen muss. Das ist zum einem tatsächlich das Format. Will ich Event sein? Will ich Fachkonferenz sein? Will ich von der Masse besucht werden? Will ich Wissen vermitteln? Oder will ich ausschließlich Impulse setzen und den Teilnehmern eine geile Zeit schenken? Diese Fragen stellen wir uns tatsächlich jedes Jahr aufs Neue und kommen immer wieder zum selben Ergebnis: Wir wollen mit dem ContentDay „Wissen zum Mitnehmen” bieten. In einem Setting, das Platz zum Netzwerken und Austauschen bietet – sprich: Wir haben uns ganz bewusst für ein Teilnehmer-Limit entschieden.
Was die Themen betrifft, gibt es zu den SEO-Konferenzen natürlich Überschneidungen. Insbesondere in den vergangenen Jahren nahm dies immer mehr zu. Das war vor sieben Jahren noch etwas anders. Aber SEO funktioniert ohne Content nun mal nicht – und umgekehrt. Daher ist es selbstverständlich, dass alle guten SEO-Konferenzen mittlerweile auch einen Content-Schwerpunkt legen.
Aber im Bereich Content-Marketing geht‘s ja um noch viel mehr. Neben der Erstellung von gutem Content für Websites, Online-Plattformen, Online-Magazine etc. inkludiert Content-Marketing ebenso Social Media, Visual Storytelling, Content-Konzepte, -Strategien sowie -Distribution. Content-Marketing ist viel, viel mehr als „SEO-Content“. Aber klar, es gibt immer wieder Überschneidungen. Und das ist auch gut so. Schlussendlich geht‘s aber nie um MEHR, sondern immer um BESSEREN Content für die User!
Keine Frage. Gibt es Themen, die du gerne mit dazuholen würdest, bei denen es aber bisher nicht geklappt hat? Beispielsweise gibt es auf vielen Online-Konferenzen mittlerweile Themen aus der Psychologie. Gibt es da etwas, das deiner Meinung nach einen großen Mehrwert für Content-Leute haben könnte, aber noch nicht in der Branche angekommen ist?
Klar gibt es jedes Jahr Speaker, die ich gerne auf der Bühne hätte, bei denen es aber noch nicht geklappt hat. Ich habe da ein paar Cases im Kopf, die ich unbedingt gerne zeigen würde, da ich davon überzeugt bin, dass wir davon lernen können … Und: Ich gebe nicht auf.
Wir laden auch ganz bewusst jedes Jahr Experten aus Content-Marketing-fremden Disziplinen ein. Schließlich lernt man unheimlich viel, wenn man mal einen Blick über den Tellerrand wagt – da sind wir uns sicherlich alle einig. So hatten wir bereits Sarah Weitnauer zum Thema „Psychologie im Content-Marketing“ oder Helmut Niessl zum Thema „Der Markencode“ auf der Bühne.
Wir versuchen, jedes Jahr neue Trends zu zeigen. Vor vier Jahren war jemand von Jodel da – kennst du Jodel? Eine Social-App, die den Sprung nicht ganz geschafft hat. Ich kenn kaum jemanden, der Jodel tatsächlich genutzt hat – außer jene Unternehmen, die damals am ContentDay waren. Dieses Jahr stehe ich im Gespräch mit TikTok. Drück mir die Daumen, dass es klappt!
TikTok ist ein schönes Beispiel für eine neue Plattform, die zwar in aller Munde ist, an die viele Marketer aber nicht glauben. Was findest du daran spannend? Und glaubst du, dass das das nächste wirklich große Ding sein könnte?
Dazu habe ich eine lustige Anekdote – von heute. Ich war heute mit einer Gruppe von Schülern zusammen, alle im Alter zwischen 15 und 16 Jahren, und habe ihnen zwei Fragen gestellt.
Die erste Frage war: „Wer von euch ist auf TikTok?” Beinahe alle haben aufgezeigt. Die zweite Frage war: „Und wer von euch ist auf Facebook?“ Nur zwei haben sich gemeldet. Und eine davon hat mir dann erklärt, dass sie Facebook aber nicht verstehe.
TikTok ist für mich als Marketer schon spannend. Ich gebe zu, ich nutze es nicht aktiv, ich bin nur Beobachter und keiner meiner Freunde ist dort zu finden. Ob es das nächste große Ding wird, kann ich dir nicht sagen. Aber als Marketer dürfen wir es nicht aus den Augen lassen. Und sei es nur deshalb, damit wir unseren Kunden mit bestem Gewissen sagen können, dass sie es (noch) nicht brauchen oder ob es sich eben doch lohnt, einen Teil des Budgets zu investieren – abhängig von deren Zielgruppen und Zielen.
Es ist ja eine der größten Aufgaben, eben die Dinge zu identifizieren, die man nicht braucht. Hast du Beispiele aus deinen vielen Jahren als Agenturleiterin, wo du einen großen Trend oder eine spannende Neuerung bewusst ausgesetzt hast, weil es nicht zu eurem Geschäftsmodell passt? Wie gehst du in solchen Fällen vor, um herauszuarbeiten, ob etwas passt oder nicht?
Es ist unsere Aufgabe, dass wir nicht gleich jedem Trend folgen, nur weil er angesagt ist. Schließlich geht es nicht darum „in“ zu sein, sondern das Marketing-Budget unserer Kunden bestmöglich einzusetzen. Daher haben wir immer die Ziele im Blick – und nicht die Trends. Zielgerichtetes Content-Marketing hat bei uns im Team oberste Priorität. Auch wenn es uns natürlich immer wieder unter den Nägeln brennt und wir gerne mit Neuem experimentieren würden. Umso mehr freuen wir uns, wenn wir Kunden haben, mit denen wir gemeinsam auch mal Neues ausprobieren und uns auf neues Terrain wagen dürfen.
Und dann gibt es natürlich auch Trends, die wir richtig klasse und interessant finden, aber das Know-how dafür intern (noch) nicht vorhanden ist. Dann braucht es die Ressourcen dazu, dass wir uns eben dieses Wissen aneignen oder es uns von außen holen.
Von den Sachen, die nicht passen, einmal zurück zum Anfang: Was bzw. welche Marktlücke hat dich dazu bewogen, dich selbstständig zu machen? Denn der Aufbau einer Agentur ist ja mit viel Aufwand und wenig Freizeit verbunden …
Ich war vor der Gründung von punkt & komma über Jahre als Webtexterin und Projektleiterin in einer Internetagentur tätig. In einer Phase, in der der Content für die Suchmaschinen immer wichtiger wurde, der Kunde selbst aber noch am liebsten „Zweizeiler” auf seiner Website vorgefunden hätte. Ich habe mich immer mehr und mehr mit dem Thema beschäftigt und schnell erkannt, dass das Thema „Content“ das nächste große Ding werden wird – wie du es vorhin so schön formuliert hast.
Bei der Gründung habe ich an die Größe der Agentur keinen Gedanken verschwendet. Die erste Mitarbeiterin habe ich nach einem Jahr eingestellt. Sie ist immer noch fixer Bestandteil des heutigen Teams. Gemeinsam haben wir viel erlebt und auch sehr taffe Jahre hinter uns. Freizeit hatte ich in diesen Jahren nicht viel, das stimmt. Man muss schon „wollen”, wenn man gründet. Aber es ist auch richtig schön, zu sehen, was man geschafft hat. Allerdings weiß ich bis heute nicht, ob das ein spezielles Gen ist, das hier durchdringt.
Ich bin froh, dass sich das Pensum mittlerweile etwas gelegt hat, da mein Team großartig ist und ich viele Bereiche abgeben kann. Die Leidenschaft ist aber immer noch da. Ich bin längst noch nicht fertig.
Was sind denn für dich die unerwartetsten Herausforderungen, denen du dich bei dieser Entwicklung in den letzten Jahren stellen musstest? Und wie hast du die gemeistert?
Wie bereits erwähnt, war bei der Gründung die Größe der Agentur noch kein Thema. Ebenso wenig im Blick hatte ich alle technischen Entwicklungen, die in den letzten Jahren auf uns zukamen. Irgendwann kam ich an einen Punkt, an dem ich eine richtungsweisende Entscheidung treffen musste, um als Content-Agentur konkurrenzfähig und auch als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben. Ich brauchte ein Know-how im Team, das wir einfach nicht hatten: das technische Know-how, um auch in Zukunft Themen wie Voice Search, Chat-Bots und Text-Automatisierung zu bewerkstelligen.
Das war vor zirka zweieinhalb Jahren. Die Lösung war dann der Zusammenschluss mit der damals schon befreundeten Agentur elements. Ihnen fehlte das Content-Know-how, uns die Expertise im Performance Marketing sowie Development. Da wir auch sonst ähnlich ticken, was die Unternehmenskultur und Soft Skills betrifft, war das der perfekte Zusammenschluss für beide Seiten.
Zusammenschlüsse dieser Art sind ja immer ein Abenteuer, wir haben das auch hinter uns. Wie habt ihr euch darauf vorbereitet, um sicherzugehen, dass es für beide Seiten auf der inhaltlichen und auf der persönlichen Ebene passt? Weil Freundschaft ist ja immer noch etwas anderes, als im übertragenen Sinne eine WG zu gründen.
Das stimmt. Alles. Angefangen vom Abenteuer bis hin zum endgültigen Ergebnis. Und du hast recht: Auch wenn man sich bereits kennt und gemeinsame Projekte umgesetzt hat, bleibt immer ein Rest-Risiko. So wie in allen zwischenmenschlichen Beziehungen. Wir haben viel geredet und dann aber auch einfach gemacht. Das liegt in der gemeinsamen Natur der elements-Gründer und mir. Man muss auch mal ein Risiko eingehen, wenn man erfolgreich sein möchte. Aber schlussendlich haben wir uns auf unser Bauchgefühl verlassen.
Wir sind relativ schnell zusammengezogen und haben so dafür gesorgt, dass sich die Teams rasch kennenlernen und zusammenarbeiten können. Heute, zweieinhalb Jahre später, können wir sagen: Es hat gut funktioniert, und wir lieben uns immer noch.
Das hört sich doch nach einem Match an! Um wieder den Bogen zur Konferenz zu spannen: Wie organisiert ihr euch intern, um sowohl die Konferenz zu organisieren als auch die Kunden nicht zu vernachlässigen? Weil Konferenzen ja Unmengen an Zeit verschlingen.
Oh ja. Um eine Konferenz zu veranstalten und es dann im Anschluss nochmals zu tun, braucht es eine große Portion Leidenschaft. Außer man ist ausschließlich Konferenzveranstalter. In den ersten drei Jahren haben wir das ausschließlich aus den internen Ressourcen gestemmt. Im ersten Jahr mit den Ressourcen meiner Familie. Meine Mama hat die Kaffeebar übernommen, mein Mann und seine Freunde die Bar bei der After-Show-Party, und ich habe neben all den anderen Arbeiten eigenhändig die 100 Konferenzstühle, die damals notwendig waren, um 5:00 Uhr morgens aufgestellt. Soviel zum Thema Leidenschaft.
Die Jahre darauf waren dann schon besser. Wir hatten eine Konferenzlocation mit super Catering und mussten nicht mehr auf die Familie zurückgreifen – aber der Work-Overload ging natürlich auf die Zeit der Kunden.
Nach drei Jahren brauchte es dann eine Veränderung. Aus diesem Grund sind wir auch hier eine Partnerschaft eingegangen – mit dem Manstein Verlag aus Wien, die seither gemeinsam mit uns den ContentDay veranstalten. Das Event-Team des Verlags übernimmt die gesamte Veranstaltungsorganisation, bei uns liegen weiterhin alle inhaltlichen Themen wie die Agenda, das Konzept der Veranstaltung und natürlich das Content-Marketing. Dafür haben wir ein Projekt-Team bei punkt & komma, das die Konferenz wie einen eigenen Kunden behandelt. Somit kann ich wieder ruhigen Gewissens zu Familienfeiern gehen und die Zeit des Teams bleibt für die Kunden.
So etwas hilft immer, die Erfahrung machen wir bei internen Projekten auch immer wieder. Dann ist es jetzt zum Abschluss Zeit für einen kleinen Ausblick: Was erwartet unsere LeserInnen in diesem Jahr auf dem ContentDay? Denn mit diesem Interview starten wir ja auch eine Verlosung!
Auch in diesem Jahr dreht sich am ContentDay wieder alles rund um das Thema Content. Egal, ob Content-Marketing, Bild- und Video-Content oder die neuesten Social-Media-Trends. Dabei ist es völlig egal, ob man als Newbie oder Profi die Fachkonferenz besucht.
Am Nachmittag stehen drei unterschiedliche Tracks zur Verfügung. In Track 1 werden allgemeine Themen besprochen, Track 2 vermittelt noch mehr Wissen, ideal für alle Experten. Und außerdem gibt es auch in diesem Jahr den exklusiven Hands-on-Track, welcher auf 40 Personen limitiert ist.
Du siehst, es ist mit Sicherheit für jeden etwas dabei und wir freuen uns, im Mai einmal mehr die Salzburger Pforten für den ContentDay 2020 öffnen zu dürfen.
Wir wünschen euch jede Menge Erfolg mit dem ContentDay 2020! Und vielen Dank für die interessanten Einblicke in eure Arbeit!