Hallo, Christiane und willkommen bei LEAP/! Als Texterin sowie Trainerin und Speakerin rund um das Thema Content setzt du auf emotionale Texte. Doch was ist überhaupt das Erfolgsgeheimnis emotionaler Texte?
Die Emotionen an sich sind das Geheimnis.
Dir ist aber schon klar, dass deine geheimnisvolle Antwort unsere Leser jetzt nur noch neugieriger macht, oder …? Kannst du das also bitte noch etwas genauer erklären?
Wenn wir etwas entscheiden, dann hat das mit Emotionen zu tun. Mit unserem Unterbewusstsein. Unsere Intuition sagt uns, das ist jetzt genau das, was ich haben möchte. Es ist das, was mir gut tut. Es ist das, was mich weiterbringt. Dieses Unterbewusstsein greift dabei auf Erfahrungen zurück. Diejenigen, in denen wir uns wohlgefühlt haben. In denen wir sicher waren. In denen wir gewachsen sind. „Ja, aber wenn ich einfach nur ein Putztuch kaufe, ist das doch eine rationale Entscheidung. Meist geht es um den Preis.“ So etwas höre ich dann gerne. Wirklich? „Ich kaufe meine Putztücher nur bei xyz, das sind einfach die Besten.“ Höre ich auch. Guck, eine Erfahrung. Diese Tücher nehmen vielleicht einfach viel mehr Schmutz auf, halten länger etc.
Drehen wir das Ganze um: „Mit billigeren Produkten habe ich nicht so gute Erfahrungen gemacht und es hat mich geärgert, dass das Putztuch schon nach ein, zwei Einsätzen zerfaserte.“ Was auch immer. Geärgert. Eine Emotion. Was machen wir leider oft noch mit Online-Texten? Nehmen irgendwelche Infos, mischen die lieblos zusammen, hauen noch ein paar Keywörter rein und wundern uns, dass Kunden dann nicht kaufen. Wie denn, wenn sie sich nicht wohlfühlen? Wie denn, wenn sie in ihrer Emotion nicht abgeholt werden? Wie denn, wenn wir nicht die Emotion ansprechen, die sich unterbewusst genau für dieses eine Produkt entscheidet?
Wie das geht, kann man ja beispielsweise in deinen Online-Kursen lernen – zu finden auf deiner Website. Wenn mich übrigens Leute fragen, wie man texten lernt, sage ich immer: Viel schreiben und viel lesen! Womit ich in erster Linie gute Literatur meine. Wie siehst du das: Ist das Lesen eines guten Romans immer auch eine Trainingsstrecke für Autoren?
Unbedingt, ja. Ich möchte es gerne noch ergänzen: Auch das bewusste Hören von Büchern schult das eigene Schreiben. Wer viel liest, erweitert automatisch seinen Wortschatz. Ganz nebenbei. Wer sich viel mit Sprache beschäftigt, also, warum etwas genau so in dieser Art geschrieben ist, erweitert dazu seinen Umgang mit Worten. Wie ist das Buch aufgebaut? Wie erzeugt jemand Spannung? Auch hier hast du wieder die Emotion.
All das lässt sich wunderbar auf Online-Texte und ins (Online-)Marketing übertragen. Und natürlich ist es wie überall: Nur, wenn du übst und übst und übst, wirst du besser. Denk ans Autofahren. Überlegst du heute noch, welche einzelnen Schritte du machen musst, wenn du Gas gibst? Kupplung treten, leicht Gas geben, nur nicht zu viel, Gang rein, los … Ne, oder? Das läuft. Einfach so. Ich denke nach 20 Jahren Schreiben nicht mehr nach, wie ich einen Einstieg in einen Text finde. Ich verwende automatisch diverse kreative Tools, die mir dabei helfen, meine eigenen Worte zu finden. Und dann fließen die Worte ins Dokument.
Welche Tools – außer deinem Verstand und deiner Erfahrung – sind das? Und welche davon würdest du vor allem Schreibanfängern empfehlen?
Was bringt dich ins Schreiben? Wir kennen das alle, oder? Du sitzt am Rechner vor einem Dokument und sollst wundersam leicht beflügelnde Worte finden. Und wenn du musst, geht oft nix. Wo ist nur diese Muse, wenn sie einen küssen soll? Und doch, ja, du kannst deine Kreativität hervorzaubern, wenn du denkst, das funktioniert heute gar nicht.
Die eigene Wahrnehmung zu schulen, ist ein Tool, das ich gerne auf meinen morgendlichen Hunderunden nutze. Immer und immer wieder. Denn wie wir wissen: Üben, üben, üben und dranbleiben bringt einen weiter. Irgendwann hast du es verinnerlicht. Es ist für mich wie Autofahren. Ich denk nicht darüber nach, ich lege los. Also, Wahrnehmung schulen, Meditieren, Kreativität und Perspektivenwechsel üben und dann doch mit einer gewissen Struktur ans Schreiben herangehen.
Kreativität ist, aus Erfahrung und Erfahrenem Neues zu zaubern. Ursprüngliche Teile, die zunächst zusammenhanglos erscheinen, zu einem intelligenten Ganzen zu kombinieren. Meine Lieblings-Kreativitäts-Tools sind „Drauflosschreiben“ und die ABC-Liste nach Vera F. Birkenbihl. Sie bringt immer Lösungsansätze. Und zwar sehr strukturiert. Ich entwickle gerade zur Kreativität beim und fürs Schreiben einen Online-Kurs. Hier wird es noch einige Tools mehr geben, mit denen du Denken und Schreiben ankurbeln kannst. Und zwar mit Leichtigkeit. Und Freude.
Klingt spannend! Und das mit dem Schulen der Wahrnehmung klappt tatsächlich am besten in der freien Natur, wie ich finde. Aber da wir oben vom Anfangen gesprochen haben: Wie bist du damals zum Schreiben gekommen – angefangen hast du ja, wie viele von uns, im Journalismus. Wie bist du dann später im Marketing gelandet?
Ja, die Wahrnehmung schult man wunderbar in der Natur. Wenn ich mit meiner Hündin durch den Wald stromere, schnuppere ich den leicht dumpfen Geruch des feuchten Grases. Ich höre, wie ein Eichhörnchen fein kratzend über die Äste huscht, sehe am Horizont einen Hasen hocken, gut getarnt vor der grau-braunen Waldsilhouette. In meinem Kopf rattern die Worte los, um diese Situationen zu beschreiben. Zu malen.
Wie bin ich vom „Malen“ zum Online-Marketing gekommen …? Irgendwie lief das von Beginn an in diese Richtung, ohne dass ich es damals wusste. Nach meinem Volontariat bei der Neuen Westfälischen in Bielefeld arbeitete ich als Wirtschaftsredakteurin, schrieb gerne über Oetker, IBM, Schüco, Melitta, aber auch über die zahlreichen sehr früh internetaffinen Unternehmen. „Bummeln am Bildschirm“ lautete 1999 meine erste Artikel-Schlagzeile, als alle noch meinten, im Internet kaufe doch eh keiner, das sei viel zu riskant.
Nach der NW wechselte ich zu einem Wirtschaftsfachmagazin im Touristik-Bereich und startete anschließend meine PR-Agentur in der Touristik. Nach 15 Jahren PR wollte ich dann aber wieder das machen, was mir besonders am Herzen liegt: schreiben. Also nicht nur Pressemitteilungen. Und just in diesem Moment rutschte mir Karl Kratz „vor die Füße“.
Ich fand es faszinierend, denn Karl plädierte im Online-Marketing für Vorgehensweisen, wie ich sie seit Jahren in meinen Artikeln umsetzte – emotionale, direkte Kundenansprache. Und noch vieles mehr, das ähnlich war. Ich besuchte eines seiner Onlinethinketing-Seminare, und das war’s dann irgendwie. Mein Herz schlägt seitdem dafür, die Texte und die Kommunikation mit dem Kunden im Online-Marketing emotionaler und ansprechender zu zaubern.
Während du als Journalist lernst, strikt zwischen PR und Berichterstattung und Marketing zu trennen (zumindest zu meiner Zeit war es im Tageszeitungsbereich noch so), macht genau dieser Mix heute meinen USP aus. Diese Mischung aus Journalismus, PR und Marketing. Und meine Empathie. Ich zeige Unternehmen, dass es wenig bringt, so wie in der Schule zu schreiben. Dass Texte wunderbar leicht und fluffig und humorvoll und spannend sein dürfen, wenn sie Kunden ansprechen sollen. Und wenn sie Kunden dazu bewegen sollen, etwas zu buchen oder zu kaufen. Und dass Achtsamkeit in der Kommunikation noch viel zu wenig Achtsamkeit geschenkt wird. Das ist mein Herzensprojekt, für das ich brenne. Und wenn ich mir das Feedback zu meinen Vorträgen so ansehe, scheint meine Leidenschaft anscheinend auch so rüberzukommen.
Und wie bist du dann Speakerin geworden? Das ist ja nochmal ein größerer Sprung, den nicht alle von uns hinbekommen. Und vor allem: Wie war dein erster Auftritt?
Welcher erste Auftritt? Mein erstes Mal als Speakerin auf einer Konferenz? Oder meinst du einen Vortrag halten bei einem Firmen-Event? Oder Meet-up oder Stammtisch? Ich spreche bereits seit meinem Volontariat vor Menschen.
Das begann mit Vorträgen vor Schülern, wie Zeitung „funktioniert“, also welche Aufgaben eine Redaktion und Redakteure haben. Es ging dann im PR-Bereich mit diversen Themen bei Verbandstagungen weiter.
Im Online-Marketing-Bereich stand ich erstmals 2017 bei der OMX in Salzburg auf der Bühne. Von der OMX ging es zur Campixx weiter und zum OMT und zu diversen Meet-ups oder SEO-Stammtischen oder direkt in Firmen, bei denen ich über Text und Kommunikation im Online-Marketing spreche. Wie gezieltere Textbriefings die Texte und die Zusammenarbeit mit Textern verbessern können. Oder wie man Texte, besonders Online-Texte, leichter lesbar macht und wie man sie empathischer schreibt. Alles, was damit zusammenhängt, die Kommunikation mit dem Kunden für den Kunden angenehmer und emotionaler zu gestalten.
Wir Menschen entscheiden nun einmal in der Emotion. Wir verfassen Online-Texte aber immer noch so, wie wir Schreiben in der Schule gelernt haben. Das ist weit davon entfernt, nah am Kunden zu sein. Schulisches Schreiben ist eher wissenschaftlich und sachlich. Wenn Menschen solche Texte online lesen, bringt das Distanz. Nähe geht anders. Ich spreche also über Worte und Schreiben und Kommunikation. Achtsame Kommunikation. Leidenschaftlich, wie du merkst. Ich liebe es. Immer. Und das eben auch auf Bühnen. So ist das.
Das mit dem „schulischen Schreiben“ ist noch stark in den Köpfen mancher Kunden verankert, wie ich aus Erfahrung weiß. Dann sind Probleme bei der Textabnahme vorprogrammiert. Wie gehst du damit um, wenn ein Kunde mit dem Einwand „Das habe ich in der Schule aber anders gelernt!“ kommt? Wie bringst du ihn wieder auf den für ihn richtigen Kurs?
„Auf den richtigen Kurs?“ Muss ich ja nicht. Es ist ein anderer Weg. Und den schlagen wir am besten schon ein, bevor wir Texte schreiben. So lassen sich die von dir angesprochenen Probleme im Vorfeld weitgehend ausräumen.
Miteinander sprechen ist immens wichtig, wenn gute Texte entstehen sollen. Ein Textbriefing ist nicht damit abgeschlossen, dass ich einem Texter ein paar Fetzen hinwerfe, ihm noch ein paar Keywörter mit an die Hand gebe – und dann mach mal. Natürlich hat jeder, der schreibt, seinen Stil. Es lässt sich vorher feststellen, ob dieser zum Unternehmen passt. Oder: ob das Unternehmen eben mutig ist und neue Wege geht. Ausprobiert. A/B-Tests machen es möglich.
Das nutzen noch viel zu wenige. Einen Text auf zwei sehr unterschiedliche Arten zu schreiben und dann zu prüfen, welcher wie ankommt. Daten erheben, auswerten und dann optimieren. Immer wieder. Diesen Prozess haben die Wenigsten verinnerlicht. Da wird ein Text geschrieben – und dann ist gut. Dann bleibt das so. Bis zum nächsten Relaunch. Anstatt mit diesem Text zu arbeiten, zu spielen, ihn immer wieder zu verbessern, anzupassen. Das ist der bessere Weg. Und dann erübrigen sich auch die Probleme bei der Textabnahme.
Klar, das ist natürlich der richtige Weg für Anbieter – doch gerade zu Anfang geraten manche von uns ja schon mal an die „falschen Kunden“ … Mit der Zeit lernt man aber, die Spreu vom Weizen zu trennen. Hast du hier einen Tipp für junge Kolleginnen und Kollegen, wenn es um die Entscheidung für oder gegen einen neuen Kunden geht?
Wenn du dir klar bist, was du kannst und was du willst und eben auch was du nicht willst, ist es leichter. Also ist es wichtig, erstmal sich selbst vor Augen zu führen, was man will. Ich arbeite zum Beispiel nicht für Wortpreise. Und schließe bestimmte Bereiche von vornherein aus. Grenzen setzen. Damit hast du schon mal eine gute Grundlage. Um Kirstin Nickelsen zu zitieren: „Ja zum Nein.“ Also, jedes Nein zu jemand anderem ist ein Ja zu dir. Und dann aufs Bauchgefühl und aufs Herz hören. Schon klappt’s auch mit den neuen Kunden.
Oftmals ist das ja auch eine Gewissensfrage und hat meines Erachtens ganz stark mit der eigenen Haltung zu tun. Deswegen würde mich interessieren, in welchen Fällen du beispielsweise ganz kategorisch Nein sagst?
Gute Frage. Wenn mein Bauch und Herz nein sagen, lehne ich ab. Für mich betrifft das zum Beispiel den Pharma- und Chemiebereich. Darüber hinaus ist es immer eine Einzelentscheidung. Wenn es sich gut anfühlt, wird auch die Zusammenarbeit gut. Wenn irgendwas bereits am Anfang Unwohlsein hervorruft, lass ich meist die Finger davon. Ich schreibe ab sofort aber sowieso nur noch für Bestandskunden und fokussiere mich voll und ganz und allein darauf, mein Wissen weiterzugeben. In Form von Workshops, allgemeine und Inhouse-Workshops, sowie gezielten Trainings und Coachings für Selbstständige und schreibende Mitarbeiter in Firmen. Beides wird es offline, aber auch online geben.
Kommen wir abschließend noch mal zu unserem Eingangsthema zurück: Macht es (dir) eigentlich mehr Spaß, emotionale Texte zu schreiben als zum Beispiel nüchterne Pressemitteilungen? Und ist es zugleich nicht auch sehr viel schwerer?
Ich schreibe nur emotionale Texte. Weil es mir mehr Freude macht, ja. Du bist gut, wenn dir etwas Spaß macht. Daran glaube ich. Ich schreibe seit 20 Jahren irgendwie emotional. Es ist viel Übungssache und natürlich Leidenschaft. Mir fällt es leicht.
Mein Wunsch ist es, etwas weiterzugeben, etwas, das diese Welt ein kleines bisschen besser macht. Wie auch immer. Mir liegt es am Herzen, dass Menschen liebevoller, leidenschaftlicher, emotionaler, achtsamer miteinander kommunizieren. Untereinander und mit Kunden. Für mehr Liebe im Leben. Deswegen schule ich Menschen in Unternehmen und Selbstständige. Zeige, wie sie ihren Content und ihre Kundenkommunikation feinfühlig verbessern und emotionalisieren. Menschen, die Herz, Bauch, Seele und Kopf ihrer Leser erreichen und deren Geldbeutel öffnen wollen. Wirken Bilder allein …?
Text ist im Online-Marketing viel bedeutender, als es derzeit von vielen Online-Marketern und SEOs gesehen wird. Ohne emotionale und emotionalisierende Worte ist vieles wirkungslos. Ziel eines guten Online-Textes muss sein: „Bring Deine Mitarbeiter im Vertrieb zum Rotieren, weil Deine Produkte weggehen wie warme Brötchen frühmorgens beim Bäcker nach einer langen Nacht.“ Das will ich den Menschen, die etwas mit Text, mit Worten, mit Kommunikation zu tun haben, gerne weitergeben und beibringen.
Ich denke, vor allem für junge Texterinnen und Texter sind deine Insights eine wahre Fundgrube. Und auch Unternehmen können hier einiges mitnehmen. Daher: Vielen Dank für das spannende Gespräch, Christiane!