Hi, Bastian und willkommen bei LEAP/. Was kann man sich unter „Venture Capital“ vorstellen und für wen ist diese Art von Kapital interessant?
Wir bei Redstone unterstützen junge Start-up-Unternehmen in der Wachstumsphase, um schnell international zu expandieren und das Geschäft in seiner Professionalität auf die nächste Ebene zu bringen. Dafür stellen wir durch unsere aktuell sechs Fonds Kapital für die Unternehmen zur Verfügung und erhalten im Austausch Minderheitsanteile an den Start-ups. Diese Art der Finanzierung ist besonders für junge Unternehmen mit einem digitalen Geschäftsmodell interessant. Durch das Kapital kann beispielsweise erheblich das Online-Marketing erweitert und somit ein schnelles Wachstum ermöglicht werden.
Aus Sicht des Venture Capital-Gebers ist der Investment-Prozess sicher sehr komplex. Wie läuft er vereinfacht gesagt ab?
Der Investitionsprozess kann nicht so einfach generalisiert werden, da er von vielen verschiedenen Komponenten und Einflussfaktoren abhängig ist. Vorstellen kann man sich das aber in etwa wie einen großen Trichter, bei dem am Anfang 300 Unternehmen pro Monat stehen und letztlich nur eins bis zwei Investitionen getätigt werden. Der Entscheidungsprozess ist zunächst stark getrieben von Themen, Geschäftsmodellen und Unternehmensphasen, auf die wir unsere Investitionen beschränken. Als weitere Kriterien sind für uns das Gründer-, Managementteam und das Timing wohl am wichtigsten.
Woher kommen die vielen potenziellen Start-ups, aus denen ihr dann den oder die passenden auswählt?
Das ist eine Mischung aus:
- Start-ups melden sich pro-aktiv bei uns
- Wir treffen Start-ups auf Messen und Events
- Wir erhalten eine Empfehlung aus unserem Netzwerk
- Wir gehen aktiv auf Unternehmen zu, weil wir sie interessant finden
Es gibt sicher eine Menge an Bewerbungen potenzieller Start-ups, denen man unmöglich gerecht werden kann. Wie werden diese bei euch vorqualifiziert oder gibt es eine Art „Filtermechanismus“?
Uns ist wichtig, dass wir jeden Kontakt mit den Start-ups wahrnehmen und respektieren. Es ist uns bewusst, dass unsere Entscheidung für oder gegen eine Investition das Überleben des Start-ups erheblich beeinflusst. Auf der anderen Seite erhalten wir wirklich sehr viele Kontaktanfragen und müssen schauen, dass wir diese zeitnah bearbeiten können. Bei der Auswahl der Start-ups hilft es auf jeden Fall, wenn das Start-up über eine Kontaktperson, die wir selbst kennen, an uns herantritt. Das hat eine andere Qualifikation, als wenn eine Mail an info@redstone geschrieben wird. Zudem orientieren wir uns zunächst stark an den Investitionskriterien der Fonds (Industrie und Finanzierungssumme des Start-ups).
Worauf basiert letztendlich eure Entscheidung, ob ihr in ein Start-up investiert oder nicht?
Die Entscheidungen für oder gegen eine Investition lässt sich nicht einfach per mathematischer Formel aufstellen, sondern ist stark vom Investmentteam und der gemeinsamen Diskussion geprägt. Fragen, die wir uns dabei stellen, sind beispielsweise: Glauben wir an das Gründerteam und sind von dessen Umsetzungswille überzeugt? Besteht ein Fit zwischen aktuellen Marktentwicklungen und dem Ansatz des Start-up-Unternehmens? Wie groß ist das Marktpotenzial wirklich? Letztlich ist die Entscheidung gerade bei noch ganz jungen Unternehmen stark von den Führungspersonen des Start-ups abhängig.
Welche grundlegenden Überlegungen sollten Gründer anstellen, bevor sie sich für Venture Capital entscheiden? Was ist der klügste Weg an euch heranzutreten?
Die erste Frage, die sich ein Gründer stellen sollte, wenn es um das Thema Finanzierung geht, ist, welche Art der Kapitalversorgung aktuell am besten zu mir und meinem Unternehmen passt. Neben klassischem Venture Capital gibt es auch spannende (staatliche) Förderprogramme. Business Angel Investoren, Online-Crowdfunding-Plattformen und Finanzierungsmöglichkeiten über die Bank. Letztlich hängt es stark von der Phase und dem Geschäftsmodell des Start-ups ab. Werden noch keine Umsätze erzielt und z. B. noch stark am Produkt getestet, ist ein Förderprogramm oder eine Finanzierung durch einen Business Angel sinnvoller. Geht es aber um die Skalierung und die Internationalisierung, macht eine Finanzierung durch ein Venture Capital Unternehmen auf jeden Fall Sinn. Wichtigste Regel, wenn es um die Kontaktaufnahme eines Venture Capital Unternehmens geht, ist niemals Cold Call, sondern immer versuchen über eine Kontaktperson, die eine persönliche Verbindung zum Investor hat zu gehen.
Berlin ist mittlerweile bekannt für seine zahlreichen Start-ups. Welches Standing hat die Hauptstadt im Vergleich zum europäischen und auch weltweiten Venture Capital Markt?
Berlin hat wirklich einen großen Schritt im europäischen und auch weltweiten Start-up-Umfeld gemacht. Klar, USA hat 20 Jahre mehr Erfahrung im Venture Capital Markt und ist uns daher noch ein großes Stück voraus. Was mich aktuell aber sehr positiv beeinflusst, ist, dass immer mehr internationale Start-ups und Investoren nach Berlin kommen. Das ist sicherlich beeinflusst dadurch, dass die Lebenshaltungskosten hier günstig sind und sich viele Talente in Berlin umtreiben. Herausforderung aktuell ist, dass wir noch mehr Kapital besonders auch für spätere/größere Finanzierungsphasen hier in Berlin benötigen. Diese werden hauptsächlich noch durch amerikanische Investoren durchgeführt.
Warum kann es aus aktueller Perspektive für Gründer klug sein Venture Capital aufzunehmen?
Das Umfeld aus kreativen Start-ups und finanzstarken Investoren war wohl selten so gut in Deutschland wie in der jetzigen Phase. Es gibt einige neue deutsche Venture Capital Unternehmen im Markt, die zusätzlich Kapital zur Verfügung stellen. Zusätzlich schauen immer mehr internationale Investoren auf den deutschen/Berliner Markt. Neben dem eigentlichen Investment stellt das Venture Capital Unternehmen auch seine Erfahrung mit digitalen Geschäftsmodellen und der Skalierung sowie sein Netzwerk dem Start-up zur Verfügung. Gründer sollten jedoch beachten, dass sie die Bewertung ihres Unternehmens aktuell nicht zu hoch nach oben treiben. Dadurch kann jede Folgefinanzierung schwieriger werden.
Die Digitalbranche scheint für Venture Capital Geber sehr attraktiv zu sein. Wie erklärst du dir diesen Trend?
Das Buzzword „Digitaler Wandel“ lässt sich ja aktuell in fast jeder Branche wiederfinden, egal ob es in der Bankenwelt, dem Immobiliensektor oder im Gesundheitsbereich ist. Es steckt einfach unheimlich viel Potenzial in der Digitalisierung von bestehenden Geschäftsmodellen und den Start-ups, die genau diesen Bereich adressieren. Zudem gehen Venture Capital Unternehmen davon aus, dass sie ihre Unternehmensanteile an den Start-ups nach 5-6 Jahren wieder verkaufen und dadurch einen hohen finanziellen Ertrag erzielen. Das heißt, in dieser Zeit muss das Start-up ordentlich wachsen und skalieren. Dies ist mit physischen Produkten, die lange Entwicklungszeiten und hohe Produktionskosten haben, nur bedingt möglich.
Vielen Dank, Bastian, für die ausführliche Beantwortung der Fragen. Wir freuen uns jederzeit über einen erneuten Besuch von dir!