Hallo, Andreas und willkommen bei LEAP/. „Content Marketing“, seit einiger Zeit geistert dieses Buzzword durch die Szene, aber was ist Content Marketing eigentlich genau? Und ist es tatsächlich so neu, wie man meinen könnte?
Hallo, vielen Dank für die Einladung zum Interview und dem tollen Treffen bei der Barketing Academy. Content Marketing ist erstens enorm wichtig und zweitens schon ein alter Hut. Seitdem Google mit seinen Updates das Internet aufgeräumt hat, ist guter Content unverzichtbar geworden. Mit hochwertigen Inhalten erreicht man seine Nutzer und rankt auch bei Google ordentlich. Content Marketing schlägt genau in diese Kerbe und geht noch einen Schritt weiter. Als Unternehmen werbe ich beim Content Marketing mit meinen Qualitätsinhalten, also mit guten Artikeln, Geschichten, Fallstudien usw. Es ist eine Strategie, die sich an den Bedürfnissen des Users orientiert und dadurch nicht nur ihn glücklich macht, sondern auch das Image des Anbieters und die Kundenbindung verbessert.
Im Content Marketing will ich meinen Kunden vorrangig nichts verkaufen, ich überzeuge sie von meiner guten Leistung und meiner Kompetenz. Das schaffe ich, indem ich ihnen mit meinen (Seiten-)Inhalten einen Mehrwert schaffe, sei es Information oder Unterhaltung. Letzten Endes geht es darum, das Vertrauen meiner Kunden zu gewinnen und zu zeigen, dass ich tatsächlich etwas zu bieten habe. Ein gutes Beispiel dafür ist etwa Schwarzkopf, die auf ihrer Seite in erster Linie Frisurentrends zeigen und Styling-Tipps oder gezielte Pflegehinweise geben. Erst im Nachhinein empfehlen sie ihre eigenen Produkte quasi ganz beiläufig. Das Ganze ist multimedial mit Videos, Fotos und Texten aufbereitet. Die Seite informiert also nicht nur, sie unterhält auch gleich noch.
Content Marketing ist aber kein neues Konzept. Es existiert eigentlich schon seit Menschengedenken. Viele sagen ja, die Bibel wäre ein gutes Beispiel für Content Marketing, manche lassen sogar Höhlenmalerei als gute Inhalte durchgehen. Wie auch immer, es funktioniert in jedem Fall sehr gut, hat sich durchgesetzt und gehalten. In letzter Zeit ist es wieder in aller Munde, auch weil guter Content heute so wichtig ist, um sich im Netz zu etablieren, aus Suchmaschinen- und aus Lesersicht.
Wenn ich auf meiner Seite jetzt Content bereitstellen möchte, reicht es, wenn ich da einfach einen Artikel für alle Zielgruppen nehme?
Definitiv Nein. Mit nur einem Artikel kann ich kaum die Bedürfnisse aller Nutzer befriedigen. Am besten ist es nicht nur für jede Zielgruppe, sondern für jedes Problem, dass ein User in meinem Marktbereich haben kann, eine perfekte Lösung anzubieten. Es geht darum, den Kunden direkt bei seinem Bedürfnis abzuholen, ihm zu helfen, ihn zu unterhalten und ihn zu informieren. Ich muss dafür sorgen, dass ich als Kapazität in meinem Gebiet angesehen werde. Das funktioniert mit nur einem Artikel bei unterschiedlichen Zielgruppen und unterschiedlichen Problemen nur schwer. Das geht nur mit Fleiß, Kreativität und Kompetenz.
Außerdem sieht auch Google eine breite Vielfalt und eine stärkere Aktivität auf einer Webseite lieber als Eintönigkeit. Das bedeutet, ich sollte in vielen verschiedenen Artikeln meine Kompetenz zeigen und auch immer wieder neue Inhalte nachliefern. Daneben muss ich möglichst versuchen, dass diese Artikel auf ein gutes Feedback stoßen und User sie kommentieren, diskutieren, teilen und verlinken. Dazu müssen es eben Top-Artikel mit viel Information sein, die spannend aufbereitet sind und für den Nutzer einen Mehrwert bieten.
Wie bekomme ich meine Besucher dazu, nach dem Konsum des Contents das zu tun, was ich möchte?
Gutes Content Marketing hat im ersten Schritt gar nicht zum Ziel, den Nutzer zur Tat zu bewegen. Zuallererst möchte ich ihn mit meinem Marketing-Konzept berühren. Wie erwähnt, sollen meine Inhalte helfen, amüsieren und ansprechen. Auf diese Weise gewinnt der User, denn er bekommt seine Probleme gelöst. Gleichzeitig gewinne ich als Webseiten-Betreiber Unternehmen, weil ich meine Kompetenz zeige, Vertrauen aufbaue und so die Markenbindung stärke. Der User assoziiert mich positiv und kehrt mit hoher Wahrscheinlichkeit beim nächsten Problem zu mir zurück.
Allerdings ist klar, dass ich als Unternehmen auch einen gewissen Umsatz brauche, um zu existieren. Ich gebe dem User also immer auch die Möglichkeit zur Conversion. Ich erkläre ihm den Sinn und Nutzen meines Produktes und überzeuge ihn, dass er es sinnvoll einsetzen kann. Das geht aber nur, wenn ihm mein Produkt auch wirklich hilft. Wenn ich meine Leser plump bewerbe und sie wie ein Marktschreier bearbeite, schreckt es sie auf lange Sicht eher ab. Wenn ich ihm aber zeigen kann, dass ich etwas Sinnvolles für ihn habe, das seine Probleme löst, ist er viel eher bereit, bei mir zu kaufen. Das bedeutet, dass ein Call-to-action auf meine Seiten gehört, dass ein Kaufanreiz aber eher als Empfehlung, basierend auf der hohen Qualität meines Produktes, gestaltet sein soll. Weniger wie: Wir sind die Geilsten, kauf jetzt, sondern mehr wie: Du hast dies oder jenes Problem, die Lösung sieht soundso aus. Dieses Produkt unterstützt dich dabei optimal, denn … Wenn der Kunde an das Produkt glaubt, ist er viel eher zur Conversion zu bewegen.
Wie wirkt sich die Festlegung der Zielgruppe auf die Erstellung meines Contents aus?
Es ist ja sehr wichtig, sich Gedanken darüber zu machen, für wen man schreibt und dann auch aus der Sicht der Zielgruppe zu schreiben. Wenn ich meine Leser abholen will, muss ich sie in Ausdruck, Stil etc. direkt ansprechen, sonst steigt das Risiko, sie zu verlieren. Ich muss mir überlegen, wie ich sie anrede: Duzen, siezen oder direkte Ansprache ganz vermeiden?! Ich muss stilistisch auf sie eingehen: Wende ich mich an Management-Positionen oder geht der Artikel eher an ausführende Arbeitnehmer?! Schreibe ich gerade für ITler oder für Mediziner?! Sind meine Leser eher fortgeschritten oder Anfänger. All das fließt natürlich in meinen Content ein. Meine Zielgruppe entscheidet darüber, wie ich meinen Content aufbaue, wie multimedial ich ihn gestalte, in welchem Grad der Seriosität ich ihn schreibe oder welche Themen ich anreiße. Das sind häufig Gratwanderungen, die es da zu bewältigen gilt.
Ein guter Autor versetzt sich in seine Zielgruppe hinein. Dazu ist es notwendig, dass er seine Leserschaft gut kennt oder mindestens gut recherchiert und gewissenhaft an seinen Artikel herangeht. Das klingt erst einmal nach Mehrarbeit. Zielgruppengerecht schreiben bringt, wenn es gut gemacht ist, dafür aber wirkliche Vorteile. Denn zum einen erschlägt meine Seite den Leser nicht, weil ich versuche, möglichste viele verschiedene Nutzer anzusprechen und deswegen massenhaft unnütze Information einbaue. Ganz im Gegenteil, der User fühlt sich direkt abgeholt und verstanden. Im besten Fall löst meine Seite genau die Anfrage, die er gestellt hat. Und zum anderen habe ich als Autor die Möglichkeit, ein einzelnes Thema viel breiter und detaillierter darzustellen und kann so einen besseren Eindruck beim Leser und bei Google hinterlassen.
Du hast in deinem Vortrag hier in der Barketing Academy unter anderem auch über neue Prozesse im Linkaufbau gesprochen. Kannst du bitte noch einmal erläutern, was du damit meinst?
Ich denke, dass die Prozesse beim Linkaufbau historisch gewachsen sind. Schließlich war es über viele Jahre sehr einfach, Links aufzubauen. Die Konsequenz daraus war, dass es viele Anbieter gab und gibt, die große Backlinknetzwerke betreiben und damit heute Kunden enormen Schaden zufügen können.
Wenn wir auf die obige Grafik schauen, wird deutlich, dass es bisher nach einer Beauftragung durch einen Kunden sofort in die Content-Produktion ging. Dabei wurde wenig Rücksicht auf den User genommen, der die Inhalte präsentiert bekommt, der Fokus lag oft zu stark auf dem Linkaufbau. Unabhängig davon, ob der Link organisch akquiriert wurde oder es sich um einen Kauflink gehandelt hat. Da diese Methode ja viele Jahre gut funktioniert hat, ist es auch logisch, dass es einige Zeit braucht, bis sich das Denken der Linkaufbauagenturen verändert. Hier hat mich der Blick hinter die Kulissen von Barketing sehr gefreut. Es war spannend zu sehen, dass ihr bereits die neuesten Entwicklungen in eure Arbeit einfließen lasst und so ein sehr gutes Produkt am Start habt.
Ich glaube, dass auch Google mit dem Penguin 2.0 Update erst am Anfang einer neuen Ära im Bereich der Linkbewertung steht. Hier erwarte ich noch viele weitere Updates, die die Qualität von einzelnen Linkquellen noch besser bewerten werden.
Die hohe Kunst ist es nun organisch und wenn möglich auch viral Links aufzubauen bzw. einen Linkbait zu starten.
Hier ist klar, dass wir nun zunächst über die Ziele einer Kampagne und deren Zielgruppe sprechen. Aus meiner Sicht die absolute Basis eines maximalen Erfolges in diesem Umfeld. Erst wenn diese möglichst genau definiert sind, sammeln wir die Ideen, die für die bevorstehende Kampagne in Betracht kommen.
Nachdem nun das Kampagnengut feststeht, z. B. ein Interview mit einem Experten, mit dem ich meine Zielgruppe ansprechen kann, wird der Content erstellt. Auch hier sehe ich eine deutliche Entwicklung: Früher war es wichtig, Unique Content zu erstellen und diesen irgendwie unter die Leute zu bringen. Nicht zuletzt durch die wahnsinnige Informationsflut gilt heute: Weniger ist mehr. Das heißt weniger Inhalte, die dafür deutlich besser produziert sind. Inhalte, die ansprechen, Lust machen, mehr zu lesen und so interessant für die jeweilige Zielgruppe sind, dass Leser sie von alleine organisch verlinken.
Ein Super-Bonus bei diesem Vorgehen: Der Seitenbetreiber erhält in diesem Zusammenhang einen bleibenden Content für seine eigene Seite. Egal was passiert, diesen hat er sicher und kann dadurch seine eigene Seite dauerhaft aufwerten.
Wenn der Artikel nun so gut ist, benötige ich deutlich weniger Ressourcen im Bereich Content-Seeding, um die gleichen und eventuell sogar bessere Ergebnisse zu erzielen. Eine Sache ist hier noch wichtig zu erwähnen: Es gibt beim Thema organischer Linkaufbau leider keine Garantien. Mit vernünftiger Planung usw. kann ich den zu erwartenden Erfolg zwar sehr wahrscheinlich abrufen, es kommt aber auch vor, dass eine Kampagne nicht zündet. Hier gilt es standhaft zu bleiben und die nächste Runde anzugehen. Der Erfolg wird kommen, wenn es auch manchmal Rückschläge geben sollte.
Wie würdest du aufgrund dieser Prozesse ein Budget für einen Kunden aufteilen und wie steht es hier mit der Skalierbarkeit?
Nicht nur bei Textbroker sehen wir eine Verschiebung der Budgetplanung. Auch viele Kundengespräche machen deutlich, dass ein Umdenken stattfindet. Bei Textbroker ist es so, dass unsere Kunden bei gleichbleibenden Budgets weniger Texte bestellen, dafür in höherer Qualität und vor allem länger und facettenreicher. Hier steht der Leser im Vordergrund, der nicht mehr mit einfachen Texten, sondern mit hochwertigen Inhalten abgeholt werden möchte.
Auf das Thema Linkbuilding bezogen heißt das für mich, dass in erster Linie ein bleibender Asset für den Kunden geschaffen wird, und zwar in Form von hochwertigen und verlinkungswürdigen Inhalten auf seiner Seite. Daraus ergibt sich, dass das Seeding etwas kürzer kommt und das Budget sich dadurch auf die Themen Onpage-Optimierung und Content-Erstellung verlagert.
Am Ende des Tages gilt aber: Das Eine tun und das Andere nicht lassen. Den richtigen Mix finden, der für jeden Kunden individuell ist, darauf kommt es an.
Wie identifizierst du Autoritäten, von denen du gerne einen Link möchtest und wie bekommst du dann deinen Link?
Zunächst ist die Frage, was ist eine Autorität? Leider erlebe ich sehr häufig, dass wir nur sehr große und sehr starke Webseiten als Autoritäten ansehen. Natürlich ist es immer gut, Links von solchen Seiten zu erhalten, was mit einer klugen Strategie auch relativ leicht möglich ist. Autoritätslinks, wie ich sie verstehe, beziehen sich aber immer auf die definierte Zielgruppe. Ein Beispiel:
Für die Seelsorgearbeit meiner Frau sind Autoritäten die kleinen Kirchengemeinden aus unserem regionalen Umfeld. Zum einen besitzen diese bei Google einen sehr hohen Trust, zum anderen kann ich durch die räumliche Nähe hier zusätzliche Kunden akquirieren. Ich weiß weiter, dass meine Zielgruppe zu den Lesern dieser Seiten gehört und ein Link von dort für mich sehr wertvoll wäre. Ich suche mir also zunächst alle Seiten zu den jeweiligen Ortsgemeinden und sortiere sie nach unterschiedlichen Konfessionen: katholisch, evangelisch, Pfingstgemeinden, unabhängige Gemeinden usw. Im nächsten Schritt überlege ich mir Themen zu den jeweiligen Clustern. Anschließend erstelle ich Content, den ich dann auf meiner Seite veröffentliche. Wenn diese Inhalte nun gut genug sind, reicht ein kleiner Hinweis an den jeweiligen Seiten-Admin, um den gewünschten Link zu bekommen. Aber Vorsicht: Hier keine standardisierten Linkanfragemails rausschicken! Auch hier zählen die individuelle Ansprache und der Mehrwert für die linkgebende Seite. Wozu sollte der Linkgeber meine Seite erwähnen?
Lass uns kurz über Seeding sprechen: Welchen Stellenwert hat Seeding für dich und wie gehst du dabei vor?
Wie bereits erwähnt, hat Seeding für mich nicht mehr den Stellenwert, den es noch vor einigen Jahren oder Monaten hatte. Natürlich ist es weiterhin wichtig, aus meiner Sicht muss es aber zielgenauer und vor allem individueller sein. Bei einigen meiner kleineren Blogs bekomme ich immer wieder Anfragen, bei denen ich mich echt wundern muss, wie das jemals erfolgreich sein soll. Auf der anderen Seite bekomme ich mittlerweile aber auch Anfragen, die Spaß machen und mir einen Mehrwert aufzeigen. Hier wird für mich deutlich, wo die Reise hingeht.
Ein anderes Thema ist ein funktionierendes Netzwerk an (realen) Kontakten. Nur wenn ich mich als Person positioniere und auf der menschlichen Ebene punkte, kann ich dauerhaft im Seeding Erfolge verbuchen. Letztlich stößt die Anfrage, die heute nicht klappt, vielleicht morgen auf großes Interesse. Außerdem kann ich, wenn ich mich mit den jeweiligen Betreibern gut verstehe, auch mal nach neuen Ideen oder deren Sichtweisen auf bestimmte Thematiken fragen. Eine Änderung der Blickrichtung ist meistens sehr aufschlussreich.
Kannst du uns zum Schluss noch den einen oder anderen Tipp für richtig viralen Content geben?
Katzenbilder, Katzenvideos und Katzenmusik? Aber im Ernst, ich glaube, hier muss wieder unterschieden werden, was wo viral geschehen soll. Es gibt eine deutliche Diskrepanz zwischen einem Linkbait und einer viralen Aktion auf sozialen Netzwerken.
Bei einem Linkbait können auch ruhig seriöse und stichhaltige Informationen im Vordergrund stehen. Hier werden Links gesetzt, wenn für den Leser der linkgebenden Seite ein Mehrwert entsteht (es sei denn, ich möchte Links von irgendwelchen Fun-Seiten). Es gilt wie eigentlich immer: Passt mein Content zur Zielgruppe und ist er verlinkungswürdig?
Auf den sozialen Netzwerken sehen wir, dass die User rein informative Inhalte zwar oft klicken, aber sehr wenig teilen/liken. Hier steht der Unterhaltungswert im Vordergrund. Wenn ich es aber schaffe, einen informativen, gut recherchierten Artikel mit der nötigen Brise Humor zu versehen z. B. über ein passendes Video, dann kann ich auch auf Facebook und Co. punkten.
Um eine virale Kampagne erfolgreich zu gestalten, sollte ich vorher in jedem Fall meine für die Zielgruppe passenden Influencer identifizieren, diese im Vorfeld ansprechen und sogar in meine Planung involvieren. Dann habe ich große Chancen, dass sie mir helfen, meine Aktion anzuschieben.
Persönlich mache ich mir im Vorfeld immer Gedanken um einen Plan B. Was passiert, wenn der zunächst geplante Weg nicht funktioniert? Welche anderen Optionen habe ich dann noch die Kampagne erfolgreich zu starten?
Also das Monitoring solcher Kampagnen ist ein ganz wichtiger Aspekt, damit ich schnell und zielsicher handeln kann. Aber wie immer im Leben, manchmal zündet eine Idee einfach nicht, dann ist es wichtig zu schauen, welche Gründe dafür vorliegen und diese bei der nächsten Aktion zu berücksichtigen.
Grundsätzlich kenne ich aber sehr viel mehr gelungene Projekte als gescheiterte. Ich kenne ein paar Kunden, da war der erste Anlauf erfolglos, dann nach einigen Monaten ist es von ganz alleine ins Laufen gekommen, so wie im richtigen Leben.
Andreas, vielen Dank für das ausführliche Interview und vielen Dank für deinen spannenden Vortrag!